29.04.2019Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A April 2019

Stimmverbot eines Gesellschafters in der Kommanditgesellschaft bei eigener Betroffenheit

OLG München, Urteil vom 18.07.2018 – 7 U 4225/17, ZIP 2018, 1630 ff.

Der allgemeine Grundgedanke aus § 47 Abs. 4 GmbHG, § 136 AktG, § 34 BGB und § 43 Abs. 6 GenG, wonach ein Gesellschafter bei der Beschlussfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts ihm gegenüber kein Stimmrecht hat, gilt auch in einer KG.

Stimmverbot in der Personengesellschaft gesetzlich nicht normiert

Niemand kann Richter in eigener Sache sein. Dieser Grundsatz gilt gerade im Gesellschaftsrecht. Für den Verein, die GmbH und die Genossenschaft ordnen § 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbHG bzw. § 43 Abs. 6 GenG dies ausdrücklich an: Ein Mitglied bzw. Gesellschafter ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts ihm gegenüber betrifft. Für die Personengesellschaft ist ein generelles Stimmverbot bei Interessenkollision nicht gesetzlich geregelt. Der BGH hat die Frage nach einer entsprechenden Anwendung ausdrücklich offen gelassen.

§ 47 Abs. 4 GmbHG gilt analog für die Kommanditgesellschaft

Das OLG München hat mit Urteil vom 18. Juli 2018 – in Übereinstimmung mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der überwiegenden Auffassung in der Literatur – ein § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG entsprechendes Stimmverbot für die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft bejaht. Der in dieser Vorschrift zum Tragen kommende allgemeine Grundsatz, dass von einem selbst am Geschäft Beteiligten nicht zu erwarten ist, er werde bei der Stimmabgabe die eigenen Belange denen der Gesellschaft nachstellen, greife auch in der Personengesellschaft.

Stimmverbot gilt auch in der Publikums-KG

Das OLG München stellt dem Richten in „eigener“ Sache die Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber einer mit der Gesellschaft wirtschaftlich eng verbundenen Person gleich. Auch hiermit schließt es sich der obergerichtlichen Rechtsprechung und überwiegenden Literatur an. Eine in diesem Sinne enge wirtschaftliche Verbindung sieht das OLG München bereits bei Tochtergesellschaften als gegeben an.

Da im entschiedenen Fall eine Publikums-KG betroffen war, hat sich das OLG München auch mit der Frage befasst, ob nicht eher die aktienrechtlichen Regeln anwendbar sind, die in § 136 Abs. 1 AktG für Aktionäre kein vergleichbares Stimmverbot vorsehen. Wie zuvor schon das KG Berlin hält das OLG München die Regelung in § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG aber für sachnäher, da auch bei einer Publikums-KG die Kompetenzen der Gesellschafterversammlung eher mit denen der Gesellschafterversammlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als mit denen der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft vergleichbar sind.

Stimmverbot gilt nicht für „körperschaftliche Sozialakte“

Vom Stimmverbot ausgenommen sind sogenannte „körperschaftliche Sozialakte“. Gemeint sind damit Beschlussfassungen, bei denen der Gesellschafter in erster Linie sein Mitgliedsrecht ausübt, wie die Bestellung von Organmitgliedern einschließlich der dazu gehörigen Regelungen der Bezüge und Anstellungsbedingungen, über die Genehmigung von Anteilsübertragungen, über die freiwillige Einziehung von Anteilen, über die Nachfolge eines ausscheidenden Gesellschafters oder über die Einforderung von Einlagen.

Gesellschaftsvertragliche Befreiung vom Stimmverbot möglich

Eine allgemeine Befreiung des betroffenen geschäftsführenden Gesellschafters vom Verbot, Rechtsgeschäfte mit sich im Namen der Gesellschaft abzuschließen (Selbstkontrahierungsverbot, § 181 BGB) führt nicht dazu, dass ihm bei der Beschlussfassung über Rechtsgeschäfte mit sich selbst entgegen § 47 Abs. 1 GmbHG (analog) ein Stimmrecht zugestanden wird. Das OLG München geht aber davon aus, dass eine ausdrückliche Befreiung im Zusammenhang mit der Stimmabgabe bei Gesellschafterbeschlüssen grundsätzlich denkbar ist.

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