01.12.2015Fachbeitrag

Welches Finanzierunginstrument nun mit den EU Marktmissbrauchsregelungen, Kleinanlegerschutzgesetz, erneuter Prospektreform… ?

Die Reformen der letzten Zeit haben die Finanzierungslandschaft ziemlich durchgewirbelt: Kleinere Unternehmen versuchen sich auch den Schuldscheinmarkt zu er-schließen, Börsengänge sollen wieder angesagt sein, Mittelständler versuch(t)en seit 2010 verstärkt Anleihen zu emittieren. Welche Produkte werden zukünftig zur Unternehmensfinanzierung genutzt werden und auf welche Rahmenbedingungen sollten Unternehmen bei der Auswahl ihrer Finanzierungsinstrumente angesichts der vielen Reformen achten?

Hier ein kleiner Überblick:

Bei sämtlichen Produkten im Kapitalmarkt wie Aktien und Anleihen müssen sich die Emittenten mit den EU Marktmissbrauchsregelungen auseinandersetzen, die ab 3. Juli 2016 wirksam werden: Auch Emittenten im Freiverkehr einschließlich Entry Standard & Co. müssen dann von Gesetzes wegen Ad hoc-Miteilungen veröffentlichen und Insiderlisten führen. Während eines geschlossenen Zeitraums von 30 Kalendertagen vor Ankündigung eines Zwischenberichts oder eines Jahresabschlussberichts sind grundsätzlich Geschäfte von Führungspersonen mit Finanzinstrumenten des Emittenten zu-künftig verboten (Directors‘ Dealings). Erleichterungen sollen aber einfachere Prospektregelungen bringen, deren Vorschläge die Kommission am 30.11.2015 veröffentlicht hat.

Anleihen – zunehmend Privatplatzierungen

Anleihen werden zunehmend an institutionelle Anleger wie Versicherungen, Pensionsfonds und Family Offices privat platziert. Privatpersonen spielen derzeit bei den Emissionen wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. Ein öffentliches Angebot erfolgt somit nur, wenn dies für eine Börsennotierung z. B. im Entry Standard oder ein breiteres Angebot erforderlich ist. Damit wird u. a. das Scheitern von Platzierungen weniger öffentlich; die Finanzmittel der Privatanleger werden zudem wenig beachtet.

Schuldscheindarlehen

Dafür spielen Schuldscheindarlehen eine anhaltend starke Rolle. Auch bei geringeren Emissionsvolumen und schlechteren Bonitäten sind Schuldscheindarlehen als Alternative zu Anleihen im Gespräch. Vorteile von Schuldscheindarlehen sind, dass die Inhaber bekannt und überschaubar sind, die Emission weniger öffentlich erfolgt und die Dokumentation erheblich einfacher und standardisierter ist als bei Anleihen. Auch ist ein Wertpapierprospekt nicht erforderlich und die Regelungen sind vertraulich. Das Schuldscheindarlehen enthält dabei auch Regelungen, die unter Umständen und soweit verträglich Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger des Schuldscheindarlehens – wirtschaftlich vergleichbar den Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes bei Anleihen – ermöglicht. Auch sind inzwischen besicherte Schuldscheindarlehen nicht mehr unüblich. Allerdings haben Anleihen immer noch den Vorteil, dass sie einfacher übertragbar und auch an der Börse handelbar sind.

Hybridanleihen, Genussscheine und -rechte

Die AIFM Regelungen haben dazu geführt, dass bei Produkten, die Gewinne und Verluste gewähren, also auch Hybridanleihen, Genussscheinen und -rechten, sofern kein operatives Unternehmen finanziert wird, die Fondsregelungen anwendbar sein können. Besonders kritisch ist dabei, dass dies auch bei Aktien oder Hybridanleihen dann gelten soll, wenn bereits die kapitalmarktrechtlichen Regeln eingreifen und beide Regime gleichzeitig zur Anwendung kommen können. Insbesondere Holdings ohne originäres eigenes Geschäft sollten die Ausnahmen und Marktentwicklungen beachten.

Stille Beteiligungen und Nachrangdarlehen einschl. partiarischer Darlehen

Stille Beteiligungen und Nachrangdarlehen einschl. partiarischer Darlehen unterfallen in Zukunft aufgrund des Kleinanlegerschutzgesetzes grundsätzlich der Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz.  Sie müssen zudem mindestens 24 Monate laufen. Für Unternehmen sind diese Finanzierungen aufgrund des Nachrangs bzw. des Mezzanincharakters interessant. Für Anleger bedeuten sie aber ein höheres Risiko, wobei Anleger sich dessen häufig nicht ausreichend bewusst waren und die Zinsen das Risiko vermutlich nicht ausreichend reflektiert haben. Sobald diese Produkte der Prospektpflicht und Mindestlaufzeit unterfallen, könnten andere Finanzinstrumente wie Anleihen ausgewogenere und interessantere Finanzierungsinstrumente sein.

Fazit: Es wird auch in Zukunft nicht die eine Finanzierung geben, sondern das Finanzinstrument wird weiterhin sowohl an den Bedürfnissen des jeweiligen Emittenten als auch der jeweiligen Nachfrage der Investoren ausgerichtet sein müssen.

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