ESG: Klimaklage gegen RWE in zweiter Instanz abgewiesen
Update Compliance 7/2025, Update ESG 3/2025
Das Oberlandesgericht Hamm hat am 28. Mai 2025 die Klimaklage eines peruanischen Bauern gegen den Energiekonzern RWE abgewiesen. Der Kläger machte RWE mitverantwortlich für konkrete Klimarisiken in den Anden. Die Richter verneinten jedoch eine unmittelbare Gefährdung.
Sachverhalt der Klage
Der peruanische Landwirt Saúl Luciano Lliuya hatte RWE auf anteilige Beteiligung an Schutzmaßnahmen gegen Gletscherhochwasser verklagt. In seiner Argumentation berief er sich auf wissenschaftliche Studien, wonach RWE als Großemittent von Treibhausgasen für rund 0,5 % der globalen Emissionen seit Beginn der Industrialisierung verantwortlich sei. Diese Emissionen trügen nach seiner Auffassung zur Gletscherschmelze in den peruanischen Anden bei, wodurch sein Wohnort Huaraz konkret von Überflutung bedroht sei.
Entscheidung des Gerichts
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte in zweiter Instanz die Abweisung der Klage. Zwar ließ das Gericht grundsätzlich offen, ob große Emittenten für Klimafolgen haftbar gemacht werden können. Im konkreten Fall fehlte es jedoch an der erforderlichen Kausalität zwischen den Emissionen von RWE und der behaupteten Gefährdungslage. Die Bedrohung durch eine Gletscherflut sei nicht hinreichend konkret nachgewiesen. Der Kläger kündigte eine mögliche Revision an.
Hintergrund der Klage
Die Klage war 2015 vor dem Landgericht Essen eingereicht worden und galt als Pilotverfahren im Bereich klimabezogener Haftung. Sie wurde von einer Umweltorganisation unterstützt und sollte klären, ob einzelne Unternehmen zivilrechtlich für globale Klimarisiken in Anspruch genommen werden können. Bereits in erster Instanz wurde die Klage mangels Kausalitätsnachweises abgewiesen. Das OLG Hamm hatte 2017 als erstes deutsches Gericht überhaupt eine Beweisaufnahme zu einer Klimaklage zugelassen.
Was ist zu erwarten?
Das Urteil dürfte Klimaklagen gegen private Unternehmen künftig erschweren. Zwar wird die grundsätzliche Möglichkeit der Haftung weiterhin diskutiert, konkrete Erfolgsaussichten bleiben jedoch vom Nachweis individueller Kausalität und Gefahrenlagen abhängig. Weitere vergleichbare Klagen – etwa gegen Shell oder TotalEnergies – befinden sich in anderen Ländern derzeit noch in der gerichtlichen Klärung. Aber auch hier werden die Gerichte die konkrete Zurechenbarkeit der Emissionen prüfen und wohl kritisch hinterfragen. Damit ist die Rechtsprechung seit den ersten sogenannten Klima- bzw. Umweltklagen – die die (geo)politische Verantwortung von global agierenden Unternehmen thematisiert und hinterfragt haben (Stichwort: KICK) – schon einen weiten Weg gegangen. Allerdings schienen sich nunmehr immer mehr die juristischen „Sollbruchstellen“ herauszukristallisieren.
Praxishinweis
Für Unternehmen mit hohem CO2-Fußabdruck bleibt Klimahaftung ein strategisches Risikofeld. Zwar ist die Rechtslage weiterhin uneinheitlich, die vermehrte juristische Auseinandersetzung signalisiert jedoch eine steigende Erwartung an unternehmerische Verantwortung. Die Verteidigung gegen Klimaklagen verlangt nicht nur technisch fundierte Gutachten, sondern auch eine klare Nachhaltigkeitsstrategie. Unternehmen sollten prüfen, inwieweit ihre Emissionen dokumentiert, Pläne zur Reduktion erarbeitet und umgesetzt werden – nicht zuletzt, um potenzielle Haftungsrisiken frühzeitig zu minimieren.