EU Space Act: Treiber für die Weltraumversicherung?
Der Beitrag wurde am 14. Juli im Versicherungsmonitor erstveröffentlicht.
Am 25. Juni 2025 hat die EU-Kommission den Entwurf für einen EU Space Act vorgestellt, mit dem ab 2030 die von vielen für überfällig gehaltene Regulierung von Weltraumaktivitäten auf Grundlage einheitlicher europäischer Standards erfolgen soll. Eine solche Vereinheitlichung wäre aus Sicht der Versicherungswirtschaft begrüßenswert, um die komplexe Risikolandschaft übersichtlicher zu gestalten und das Angebot von Versicherungslösungen zu verbessern.
Mit der Vorstellung des sogenannten EU Space Acts will die EU-Kommission nicht weniger als Geschichte schreiben und die Weltraumwirtschaft in der Europäischen Union im internationalen Wettbewerb stärken. Das erklärte Ziel der neuen Gesetzgebung ist es, die europäische Weltraumwirtschaft durch vereinheitlichte Standards sauberer, sicherer und wettbewerbsfähiger zu machen. Der Vorschlag der EU-Kommission, der 13 nationale Gesetzgebungen zum Weltraumrecht ablösen soll, konzentriert sich dabei auf drei Kernaspekte: Sicherheit, Resilienz und Nachhaltigkeit.
Durch einen vereinheitlichten Rechtsrahmen für alle Betreiber von Weltraumobjekten und Weltraumdienstleister, die ihre Dienste in Europa anbieten, erhofft sich die EU-Kommission dabei nicht zuletzt auch eine Stärkung der Innovationskraft der europäischen Weltraumwirtschaft, die im internationalen Vergleich in vielen Bereichen noch Nachholbedarf hat. Durch einheitliche Regeln soll die Planungssicherheit für die private Weltraumindustrie, insbesondere für Starts-Ups sowie kleine und mittlere Unternehmen, erhöht werden, um ihnen den Markteintritt zu erleichtern.
Herausforderungen der Versicherung von Weltraumrisiken
Als ein Hindernis für diese Unternehmen hat sich in der Vergangenheit der Zugang zu bezahlbarem Versicherungsschutz erwiesen.
So gibt es beispielsweise in dem wirtschaftlich bedeutenden Bereich der Satellitennutzung, der bislang von Akteuren aus den Vereinigten Staaten dominiert wird, durchaus Versicherungslösungen, um die vielfältigen Risiken im Zusammenhang mit Satellitenaktivitäten abzudecken und die finanzielle Sicherheit der Betreiber zu gewährleisten. Eine solche Satellitenversicherung kann dabei die Absicherung von Risiken umfassen, die mit dem Flug der Trägerrakete verbunden sind, oder auch die Risiken der Lebensdauer eines Satelliten in der Umlaufbahn abdecken.
Dennoch ist schätzungsweise nur die Hälfte aller Starts mit Satelliten versichert. Denn während die Kosten für den Start eines Satelliten kontinuierlich sinken, steigen die Versicherungskosten, was es insbesondere kleineren Unternehmen erschwert, die für sie häufig existenzgefährdenden Risiken adäquat zu versichern. Diese Entwicklung hängt auch mit der immer intensiveren Nutzung des Weltraums und damit einhergehender Risiken für Satelliten beispielsweise durch Weltraumschrott zusammen.
Die Versicherbarkeit von Weltraumrisiken wird bislang außerdem dadurch erschwert, dass es aufgrund der hohen technischen Komplexität und der potenziell hohen Schadenssummen für Versicherer aufwändig und schwierig ist, objektive Risikobewertungen vorzunehmen. Diese „Kostentreiber“ führen dann häufig dazu, dass kleinere Marktteilnehmer auf Versicherungsschutz verzichten (müssen), während finanzstarke Weltraumunternehmen, allen voran SpaceX, die für sie nicht existenziellen Risiken selbst tragen und ebenfalls kaum Versicherungslösungen einkaufen.
Einheitlicher Rechtsrahmen erleichtert Versicherbarkeit
Zumindest in diesem Punkt könnte der EU Space Act einen Beitrag dazu leisten, die Versicherbarkeit von Weltraumrisiken zu erleichtern. Denn er setzt auf präventive Maßnahmen, um durch hohe Sicherheits- und Betriebsstandards sowie Vorgaben für ein Risikomanagement Schäden so weit wie möglich zu vermeiden. Eine solche Vereinheitlichung von Standards kann wiederum dazu führen, dass die Risiken für Versicherer kalkulierbarer werden.
Darüber hinaus können auch die von der Kommission verfolgten Nachhaltigkeitsziele und eine Reduzierung des Weltraummülls die Betriebssicherheit von Satelliten langfristig erhöhen und damit dazu beitragen, die Versicherbarkeit von Weltraumrisiken zu verbessern.
Der Vorschlag der Kommission erhält allerdings keine Regelung für eine Haftungsbegrenzung für Schäden, die durch Weltraumgegenstände verursacht werden. Die diesbezüglichen Regelungen sollen nach dem aktuellen Stand des Entwurfs auf weiterhin nationalem Recht unterliegen.
Die existierenden nationalen Regelungen sind höchst unterschiedlich ausgestaltet: Zwar sind grundsätzlich die Staaten für die von ihnen „gestarteten“ Weltraumgegenstände verantwortlich und haften daher auch Dritten gegenüber, wenn durch solche Weltraumgegenstände Schäden verursacht werden. Ein Rückgriffsrecht des Staates gegen den privaten Verursacher besteht zumindest dann, wenn das jeweilige nationale Weltraumgesetz dies vorsieht, was in der Regel der Fall ist.
Die klare und einheitliche Begrenzung dieser Regressansprüche ist dabei schon deshalb von zentraler Bedeutung für private Betreiber, weil die nationalen Regelungen häufig eine Versicherungspflicht vorsehen und eine potenziell unbegrenzte Haftung die Versicherbarkeit der Haftpflichtrisiken erheblich erschwert.
Ausblick
Im Hinblick auf die Versicherbarkeit von Weltraumrisiken kann ein klarer Rechtsrahmen inklusive der Vereinheitlichung von Risiko- und Sicherheitsstandards einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Angebot von Weltraumversicherungslösungen zu verbessern und zu erleichtern. Ob der EU Space Act die hochgesteckten Ziele der EU-Kommission erfüllen und einen klaren und harmonisierten Rahmen schaffen kann, der den Verwaltungsaufwand reduziert, Weltraumressourcen schützt und faire und berechenbare Bedingungen für Unternehmen schafft, wird allerdings abzuwarten sein. Der Vorschlag der Kommission muss noch den europäischen Gesetzgebungsprozess durchlaufen und kann daher noch Änderungen unterworfen sein.
Es wäre aus Versicherer- und Maklersicht indes zu begrüßen, wenn im weiteren Gesetzgebungsprozess eine Harmonisierung nicht nur von Sicherheits- und Betriebsstandards, sondern auch für die Haftungsbegrenzung bei Haftpflichtrisiken erreicht werden kann.