01.08.2025 Fachbeitrag

Deckungszusage als Anerkenntnis: Besser mit Vorbehalt

Der Beitrag wurde am 18. August im Versicherungsmonitor erstveröffentlicht.

Der Deckungszusage kommt im Verhältnis des Versicherers zu seinem Versicherungsnehmer zentrale Bedeutung zu. Mit seiner Deckungszusage gibt der Versicherer zu erkennen, dass er die Prüfung seiner Eintrittspflicht abgeschlossen hat und bereit ist, die vertraglich vereinbarten Versicherungsleistungen zu erbringen. Wenn ein Versicherer sich hinsichtlich seiner Eintrittspflicht noch nicht festgelegt hat, sollte er dies bei seiner Leistungsprüfung daher eindeutig zu erkennen geben.

Im Falle des Eintritts eines Versicherungsfalls steht dem Interesse des Versicherungsnehmers an einer raschen Deckungszusage das Interesse des Versicherers gegenüber, den Sachverhalt möglichst umfassend aufzuklären, bevor er sich zu seiner Eintrittspflicht erklärt. Die damit einhergehenden Bearbeitungszeiten sorgen häufig für Unmut, sind aus Sicht des Versicherers aber unvermeidbar, wenn er sich nicht voreilig zu mehr verpflichten will, als er nach dem Versicherungsvertrag schuldet.

Dieses Vorgehen wird dadurch begründet, dass der Versicherer die Rechtsfolgen einer von ihm vorbehaltlos erteilten Deckungszusage nur unter engen Voraussetzungen beseitigen und bereits erbrachte Versicherungsleistungen zurückfordern kann. Denn die Deckungszusage wird nach allgemeiner Meinung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet mit der Folge, dass dem Versicherer Einwendungen verwehrt sind, die er kennt und mit denen er rechnet. Die Deckungszusage erzeugt daher einen Vertrauenstatbestand, der es dem Versicherer bei einer fehlerhaften Einschätzung des Sachverhalts verwehrt, sich auf die Fehlerhaftigkeit der Deckungszusage zu berufen. 

Er kann sich später nicht mehr auf Einwendungen gegen das Bestehen oder den Umfang seiner Leistungspflicht berufen, die vor dem Anerkenntnis bestanden haben und ein bloßer Irrtum über die Leistungspflicht entbindet den Versicherer nicht von der Bindung seiner Deckungszusage.

Verständnis des Versicherungsnehmers maßgebend

Wann eine verbindliche Deckungszusage vorliegt, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Denn bei der Deckungszusage handelt es sich um eine von dem Versicherer abzugebende Willenserklärung, die der Auslegung zugänglich ist. Wie eine Deckungszusage zu verstehen ist, richtet sich dabei nach dem sogenannten objektiven Empfängerhorizont, also danach wie ein objektiver Dritter sie in der Situation des Empfängers verstehen würde. 

Damit eine ggf. auch konkludent getätigte Aussage des Versicherers als Deckungszusage verstanden werden kann, ist es ausreichend, wenn der Versicherer zu erkennen gibt, dass er sich verbindlich zu einer Leistung verpflichtet fühlt. Typische Fälle sind Schreiben des Versicherers, in denen eine Leistung angekündigt oder bestätigt wird. Hat der Versicherer sein Leistungsversprechen durch die Gewährung von Rechtsschutzdeckung zu erfüllen, kann es außerdem schon genügen, wenn der Versicherer vorbehaltlose Zahlungen auf die Honorarrechnungen des Rechtsanwalts des Versicherungsnehmers erbringt. 

Ein Fall aus der Praxis 

Insbesondere Letzteres kann für den Versicherer gefährlich werden, wie eine Entscheidung des Landgerichts Wuppertal zeigt: In dem dort entschiedenen Fall hat ein Rechtsschutzversicherer Leistungen aus einer Spezial-Strafrechtschutzdeckung für den Geschäftsführer seiner Versicherungsnehmerin erbracht, der im Verdacht stand, durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen Steuern zugunsten der Versicherungsnehmerin hinterzogen zu haben. Nachdem der Versicherer sich dazu bereits erklärt hatte, die Hälfte der für die Verteidigung des Versicherten anfallenden Anwaltshonorare zu übernehmen und erste Zahlungen erbracht hatte, bat der Versicherer um Übersendung der Anklageschrift für das zwischenzeitlich eröffnete Hauptsacheverfahren. 

Obwohl sich aus der Anklageschrift ergab, dass der Versicherte auch als vermeintlich faktischer Geschäftsführer einer Reihe weiterer Unternehmen angeklagt worden war, leistete der Versicherer nach vorangegangener Prüfung der jeweiligen Stundenaufstellungen weitere Zahlungen auf die Anwaltshonorare. Erst nach diesen Zahlungen nahm der Versicherer den Inhalt der Anklageschrift zum Anlass, den Versicherungsschutz einschränken zu wollen, weil die angeklagten Tätigkeiten als faktischer Geschäftsführer nicht zu den versicherten gewerblichen Tätigkeiten gehörten.

Das Landgericht Wuppertal sah den Versicherer jedoch durch seine vorangegangene Deckungszusage gebunden und daher weiterhin verpflichtet, die Anwaltshonorare im zugesagten Umfang von 50 % zu übernehmen. Denn die nach der Übersendung der Anklageschrift erfolgten Zahlungen auf die Anwaltshonorare habe der Versicherungsnehmer als positive Bestätigung dieser Zusage verstehen müssen, die der Versicherer aufgrund einer Würdigung aller ihm zuvor zur Verfügung gestellten Informationen abgegeben habe (LG Wuppertal, Urt. v. 10.06.2025, Az. 3 O 130/25).

Fazit

Für den Versicherer ist bei der Kommunikation mit dem Versicherungsnehmer daher Vorsicht geboten. Ein Blick in die Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichte dazu neigen, einen großzügigen Maßstab anzulegen und Erklärungen eines Versicherers schon dann als deklaratorisches Schuldanerkenntnis behandeln, wenn der Versicherer nicht ausdrücklich von seiner Leistungspflicht Abstand nimmt. Wenn der Versicherer sich (noch) nicht endgültig zu seiner Leistungspflicht erklären will, muss er dies deshalb unmissverständlich zum Ausdruck bringen.

Insbesondere dann, wenn der der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit hat, über die er wegen noch unklarer Sachlage nicht abschließend befinden kann, ist eine lediglich vorläufige Deckungszusage mit einem klar formulierten Vorbehalt unerlässlich.

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