29.04.2022Fachbeitrag

Update Gesellschaftsrecht Nr. 27

Regierungsentwurf zur Einführung virtueller Hauptversammlungen veröffentlicht

Die dauerhafte virtuelle Hauptversammlung rückt näher: Nach dem Referentenentwurf aus Februar 2022 (vgl. Update Gesellschaftsrecht Nr. 26), hat nun die Bundesregierung ihre aktualisierte Fassung eines entsprechenden Gesetzesentwurfs vorgelegt. Dieser enthält einige gewichtige Änderungen zu dem Referentenentwurf, was wohl auf die zahlreichen, teils äußerst kritischen Stellungnahmen von Investorenseite zu dem Referentenentwurf zurückzuführen ist. Insbesondere das Fragerecht der Aktionäre wird deutlich ausgeweitet.

Unveränderte Übergangsregelung und Satzungsermächtigung

Wichtig zunächst: Weiterhin ist eine nahtlose Übergangsregelung vorgesehen: Tritt das Gesetz bis zum 31. August 2022 in Kraft, kann die virtuelle Hauptversammlung bis 31. August 2023 kraft Gesetzes durchgeführt werden, wenn alle Voraussetzungen erfüllt werden, danach nur noch, wenn die Satzung das zulässt. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause des Bundestages beschlossen wird.

Neuordnung des Auskunftsrechts im Vergleich zum Referentenentwurf

Nach heftiger Kritik wurden die Regelungen zum Fragerecht der Aktionäre deutlich überarbeitet. Der Ablauf soll jetzt wie folgt sein:

Damit die Aktionäre eine Basis für ihre Fragen haben, muss der Bericht des Vorstands an die Hauptversammlung oder dessen wesentlicher Inhalt spätestens sieben Tage vor der Versammlung zugänglich sein – im Referentenentwurf waren es noch sechs Tage. 

Das Recht der Aktionäre, Stellungnahmen im Vorfeld der Versammlung einzureichen, wurde durch den Regierungsentwurf von vier auf fünf vor der Versammlung gelegt, spätestens vier Tage vor der Versammlung müssen diese Stellungnahmen nunmehr den anderen Aktionären zugänglich gemacht werden.

Der Vorstand kann vorsehen, dass Fragen der Aktionäre zur Tagesordnung spätestens drei, statt zuvor vier Tage vor der Versammlung auf elektronischem Wege eingereicht werden müssen.

Schriftliche Beantwortung schriftlicher Fragen

Rechtzeitig gestellte Fragen müssen allen Aktionären vor der Versammlung zugänglich gemacht werden, z. B. durch Veröffentlichung auf ihrer Internetseite. Neu ist, dass diese Fragen bis spätestens einen Tag vor der Versammlung auch schon beantwortet werden müssen. Aufgrund der Beantwortungspflicht scheint es unwahrscheinlich, dass Gesellschaften von der eingeräumten Möglichkeit, die Frist zur Einreichung von Fragen weiter zu verkürzen, Gebrauch machen werden.

Fragerecht in der Versammlung 

Innerhalb der Versammlung sollen Aktionäre jetzt nicht nur ein Rede- sondern auch ein Fragerecht bekommen sowie alle Anträge stellen. Das Fragerecht bezieht sich dabei auf (i) Nachfragen zu vorab eingereichten Fragen bzw. den Antworten dazu, (ii) auf Nachfragen zu Fragen aus Redebeiträgen in der Versammlung sowie auf (iii) Fragen zu Sachverhalten, die sich nach Ablauf der Frist zur Einreichung von Fragen ergeben haben. Schließlich sollen, wenn die Beantwortung „innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich ist“ auch weitere Fragen zulässig sein. Gab es vorab nicht die Möglichkeit, Fragen schriftlich zu stellen, gilt ein umfassendes Fragerecht. Das Fragerecht kann auf die Videokommunikation beschränkt werden – damit will man der Angst der Gesellschaften vorbeugen, dass Aktionäre umfangreiche schriftliche Fragenkataloge in Sekunden einreichen.

Fazit

Der Regierungsentwurf will die virtuelle Versammlung der Präsenz-Versammlung stärker annähern als der Referentenentwurf. Für kleine und mittelgroße Versammlungen scheint das auch praktikabel. Ob das bei großen Versammlungen gelingt, wird erst die Praxis zeigen, dies ist nicht zuletzt eine Frage wie die Technik funktioniert, wenn dann einmal 100 Aktionäre Wortmeldungen per Video abgeben. Aber die gute alte Präsenz-Versammlung bleibt als Option ja erhalten. Insofern kann man sagen, ist die jetzt vorgeschlagene Möglichkeit eine gute Option, um in die echte digitale Hauptversammlung zu starten, eine Überprüfung und Weiterentwicklung kann und sollte dann nach praktischen Erfahrungen erfolgen. 

Als PDF herunterladen

Ansprechpartner

Weitere Artikel

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.