11.03.2022FachbeitragInternational

Update Russian / CIS Desk

Ukraine-Krise: Gegensanktionen der Russischen Föderation

Als Reaktion auf die Sanktionen der USA und der Europäischen Union gegen Russland wegen der aktuellen Ukraine-Krise hat die Russische Föderation eine Reihe von Gegensanktionen verhängt und Schutzmaßnahmen zur Unterstützung der russischen Unternehmen und zur Stabilisierung des russischen Rubels angeordnet.

Im Einzelnen bestehen aktuell folgende Gegensanktionen und Schutzmaßnamen:

1.    Sperrung des russischen Luftraums 

Am 28. Februar 2022 sperrte Russland seinen Luftraum für alle Flüge aus den Ländern der Europäischen Union, einschließlich der Transitflüge. 

2.    Wirtschaftliche Maßnahmen vom 28. Februar 2022

Am 28. Februar 2022 wurde vom Präsidenten der Russischen Föderation der Erlass Nr. 79 „über die Anwendung von wirtschaftlichen Sondermaßnahmen wegen der unfreundlichen Handlungen der USA und der sich ihnen anschließenden ausländischen Staaten und internationalen Organisationen“ unterzeichnet. Der Erlass besteht insgesamt aus zehn Punkten und umfasst u.a. folgende Maßnahmen, die auch für deutsche Unternehmen relevant sein können:

a)    Die „Residenten“ der Russischen Föderation sind verpflichtet, 80 Prozent ihrer Erträge in Fremdwährungen, die sie aufgrund von Verträgen mit „Nichtresidenten“ auf ihre Bankkonten überwiesen bekommen (haben), (rückwirkend) ab 1. Januar 2022 in Rubel zu konvertieren. „Residenten“ sind im Kern Staatsbürger der Russischen Föderation und dort ansässige juristische Personen, „Nichtresidenten“ demgemäß u.a. deutsche Unternehmen.

b)    Ab 1. März 2022 gelten für die Residenten der Russischen Föderation folgende Verbote:

  • Alle Währungstransaktionen sind verboten, die als Gegenstand die Darlehensgewährung in einer Fremdwährung zugunsten von Nichtresidenten der Russischen Föderation haben;
  • Verbot der Überweisung von Fremdwährung auf eigene Konten bei Banken bzw. Finanzorganisationen außerhalb Russlands sowie Verbot der Geldüberweisung ohne Kontoeröffnung im Ausland mit Hilfe ausländischer Zahlungsdienstleister.

3.    Maßnahmen vom 1. März 2022

Am 1. März wurde vom Präsidenten der Russischen Föderation ein weiterer Erlass Nr. 81 „über zusätzliche Interimswirtschaftsmaßnahmen zur Sicherung der Finanzstabilität der Russischen Föderation“ unterzeichnet. Dieser Erlass sieht folgendes vor: 

a)    Seit dem 2. März 2022 gilt ein besonderes Verfahren für Geschäfte zwischen den Residenten der Russischen Föderation und Personen ausländischer Staaten (wie im Erlass näher definiert), die „gegenüber russischen juristischen und natürlichen Personen unfreundliche Handlungen vornehmen“. Zu solchen „Personen ausländischer Staaten“ gehören auch die deutschen Unternehmen. Betroffen sind folgende Geschäfte:

  • Darlehensgewährung in russischen Rubel zugunsten von Personen der ausländischen Staaten;
  • Geschäfte, durch die Eigentum an Wertpapieren und Immobilien erworben wird.

Die Genehmigung für die Durchführung der vorgenannten Geschäfte werden durch die Regierungskommission für die Kontrolle über die Durchführung der ausländischen Investitionen in der Russischen Föderation erteilt. 

b)    Seit dem 2. März 2022 gilt ein Verbot für die Ausfuhr von Fremdwährung im Wert von mehr als umgerechnet USD 10.000 in bar aus Russland. Maßgeblich ist der am Tag der Ausfuhr geltende Wechselkurs der russischen Zentralbank.

4.    Maßnahmen vom 4. März 2022

a)    Am 4. März 2022 wurde das Föderale Gesetz Nr. 30-FS „über Änderungen zum Föderalen Gesetz über die Maßnahmen gegen die Personen, die mit der Verletzung der grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten, der Rechte und Freiheiten der Staatsbürger der Russischen Föderation verbunden sind, sowie über die Änderung des Artikels 27 des Föderalen Gesetzes über das Verfahren bzgl. der Ausreise aus der Russischen Föderation und der Einreise in die Russische Föderation“ verabschiedet. 

Dieses Änderungsgesetz sieht vor allem vor, dass die zuvor angeordneten Maßnahmen nicht nur für die Bürger der USA (so die frühere Fassung), sondern auch für alle ausländischen Bürger und Staatenlosen gelten, die auf die entsprechende Liste der ausländischen Bürger und der Staatslosen eingetragen sind.

Zu den Maßnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen gegen die betroffenen Personen angeordnet werden können, gehören insbesondere: ein Einreiseverbot nach Russland; ein Arrest der Finanz- und anderen Aktiva in Russland von Personen, die einem Eireiseverbot unterliegen, sowie ein Verbot für alle Geschäfte über das Eigentum und Investitionen dieser Personen; eine Tätigkeitseinstellung der juristischen Personen in Russland, soweit diese durch die betroffenen Personen kontrolliert werden.

b)    Darüber hinaus wurde am 4. März 2022 das Änderungsgesetz zum Strafgesetzbuch der Russischen Föderation und über die Artikel 31 und 151 der Strafprozessordnung der Russischen Föderation (das Föderale Gesetz Nr. 32-FS – das sog. „Gesetz über die Verbreitung von Fakes“) verabschiedet. 

Die Änderungen betreffen vor allem die Einführung der Strafbarkeit einer „öffentlichen Verbreitung wider besseres Wissen” („заведомо“) von Falschinformationen über den Einsatz der Verteidigungskräfte der Russischen Föderation (Art. 207 des russischen Strafgesetzbuches). Die Strafmaßnahmen liegen in der Bandbreite von einer Geldstrafe bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe, abhängig von der Schwere der Folge solcher Handlungen. 

Dieses Gesetz wurde seitens russischer Juristen wegen der Unbestimmtheit seiner Tatbestandsvoraussetzungen, der Gefahr für die willkürliche Interpretation und Anwendung, die Einschränkung der Meinungsfreiheit und die harten Straffolgen kritisiert (Link: https://pravo.ru/story/239585/). 

Wegen der Ungewissheit der möglichen Anwendungsfolgen dieses Gesetzes für ausländische Berichterstatter in Russland haben insbesondere die deutschen Fernsehsender wie ARD und ZDF die Berichterstattung aus Russland durch eigene Korrespondenten bis auf Weiteres ausgesetzt. Medienunternehmen aus Deutschland sollten dies für sich und ihre Mitarbeiter berücksichtigen.

5.    Maßnahmen vom 5. März 2022

a)    Am 5. März hat der Präsident der Russischen Föderation den weiteren Erlass Nr. 95 „über ein Interimsverfahren für die Erfüllung von Forderungen gegenüber einigen ausländischen Gläubigern“ unterzeichnet. 

Russischen Unternehmen wird erlaubt, ihre Verbindlichkeiten gegenüber bestimmten ausländischen Gläubigern (Gläubiger aus den sog. „unfreundlichen Staaten“ wie Deutschland) aus Kredit- und Darlehensverträgen sowie anderen Finanzinstrumenten in einem sog. Sonderverfahren zu erfüllen. Dieses Sonderverfahren gilt für Verpflichtungen der Residenten in Höhe von mindestens 10 Millionen Rubel im Monat oder in der Äquivalenz in Fremdwährung zum Wechselkurs der russischen Zentralbank. Ein Kernpunkt ist, dass den russischen Schuldnern erlaubt wird, solche Forderungen der ausländischen Gläubiger, darunter auch die deutschen Gläubiger, in Rubel (anstatt der vertraglich vereinbarten Währung) zu begleichen. 

b)    Die russische Regierung hat zwecks der Erfüllung des vorgenannten Erlasses Nr. 95 eine „Liste der ausländischen Staaten und Territorien, die unfreundliche Handlungen gegenüber der Russischen Föderation, russischen juristischen und natürlichen Personen vornehmen“, erlassen (Verordnung Nr.  430-p vom 5. März. 2022). Diese Liste umfasst alle EU-Mitgliedsstaaten sowie die USA, Schweiz, Japan, Taiwan, Singapur u.a. 

6.    Maßnahmen vom 8. März 2022

Am 8. März hat der Präsident der Russischen Föderation den weiteren Erlass Nr. 100 „über die Anwendung besonderer wirtschaftlicher Maßnahmen im Bereich der Außenwirtschaftstätigkeit zur Gewährleistung der Sicherheit der Russischen Föderation“ unterzeichnet. Dieser sieht ein Verbot bzw. die Beschränkung der Ausfuhr von Erzeugnissen und Rohstoffen aus Russland und/oder deren Einfuhr gemäß den von der russischen Regierung festgelegten Listen vor.

Angesichts der weiteren Eskalation der Ukraine-Krise sind neue EU-Sanktionen sowie Gegensanktionen der Russischen Föderation zu erwarten, die unter anderem auch einen Stopp der Gaslieferung an die Europäische Union über Nord Stream 1 umfassen könnten, worauf der stellvertretende Vorsitzender der russischen Regierung Alexander Nowak am 7. März 2022 als mögliche Reaktion auf die EU-Sanktionen gegen Nord Stream 2 bereits öffentlich hingewiesen hat.

Die vorgenannten rechtlichen Akte der Russischen Föderation sind in russischer Sprache auf der offiziellen Internetseite der Russischen Föderation unter Link www.pravo.gov.ru zu finden.

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