12.12.2025 Fachbeitrag

Bundesarbeitsgericht setzt Leitlinien zur Statusabgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen am Beispiel des Schiedsrichter-Assistenten

BAG, Beschluss vom 3. Dezember 2025 – 9 AZB 18/25

Ein Schiedsrichter-Assistent in der 3. Fußball-Liga ist kein Arbeitnehmer der DFB Schiri GmbH, weshalb der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten verschlossen ist.

Sachverhalt

Der Kläger wird seit der Saison 2021/2022 als Schiedsrichter in der Regionalliga eingesetzt. Bei der nächsthöheren Spielklasse, der 3. Liga, handelt es sich um eine Profiliga. Ihr Spielbetrieb wird durch den Deutschen Fußballbund (DFB) organisiert. Die beklagte DFB Schiri GmbH ist zuständig für die Besetzung der Spiele mit Schiedsrichtern einschließlich der Schiedsrichter-Assistenten und Vierten Offiziellen. Dazu führt sie sogenannte Schiedsrichterlisten. Die Aufnahme in die Schiedsrichterliste für die 3. Liga erfolgt insbesondere dadurch, dass Schiedsrichter der Regionalliga durch die Regionalverbände für sogenannte DFB-Schiedsrichter-Coaching-Plätze gemeldet werden. Der Kläger wurde für die Saison 2024/2025 nicht berücksichtigt. Ihm wurde deshalb von der Beklagten – was er als diskriminierend erachtet – kein Rahmenvertrag über eine Tätigkeit als Schiedsrichter-Assistent in der 3. Liga angeboten.

Nach dem Rahmenvertrag ist ein Schiedsrichter-Assistent nicht zur Übernahme von Spielleitungen verpflichtet. Auch nach Einteilung gemäß der im Portal DFBnet eingetragenen Verfügbarkeiten können Schiedsrichter-Assistenten ihre Einsätze noch ablehnen. Die Schiedsrichter-Assistenten der 3. Liga werden pro Einsatz vergütet (ohne Grundhonorar); ein Video-Assistant-Referee kommt in der 3. Liga nicht zum Einsatz.

Der Kläger hat die auf Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 AGG gerichtete Klage beim Arbeitsgericht anhängig gemacht. Die Beklagte hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt und gemeint, der Kläger wäre als Schiedsrichter-Assistent in der 3. Liga nicht als Arbeitnehmer für sie tätig geworden.

Verfahrenslauf

Nachdem das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als nicht gegeben angesehen und den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen hatte, erklärte das Landesarbeitsgericht auf die sofortige Beschwerde des Klägers den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen demgegenüber für zulässig. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Beklagten hatte Erfolg; sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Entscheidung

Laut dem Bundesarbeitsgericht wäre der Kläger, so er „eingestellt“ worden wäre, nicht als Arbeitnehmer für die Beklagte tätig geworden. Weder durch den Rahmenvertrag noch durch die einzelnen Einsätze als Schiedsrichter-Assistent wäre zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 611a Abs. 1 BGB begründet worden. Die Beklagte kann einen Schiedsrichter-Assistenten in der 3. Liga aufgrund des Rahmenvertrags nicht einseitig anweisen, an einem bestimmten Spiel als Mitglied des Schiedsrichter-Teams mitzuwirken. Erklärt er sich nicht bereit, ein Spiel zu leiten, drohen ihm keine Sanktionen aufgrund der Schiedsrichterordnung des DFB. Übernimmt ein Schiedsrichter-Assistent einvernehmlich eine Spielleitung in der 3. Liga, sind die damit begründeten Pflichten nach dem Rahmenvertrag sowie der Schiedsrichterordnung nicht weisungsgebunden und fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit zu erfüllen. Der Kläger wäre auch nicht als arbeitnehmerähnliche Person i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG für die Beklagte tätig geworden. Insofern fehlte die erforderliche wirtschaftliche Abhängigkeit.

Einordnung

Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts zu Schiedsrichter-Assistenten bestätigt in erfreulicher Deutlichkeit die wesentlichen Erwägungen der bisherigen Rechtsprechung zu (Haupt-) Schiedsrichtern:

So hatte bereits das Landesarbeitsgericht Niedersachsen Anfang 2020 festgestellt, dass weder die auf ein Jahr befristeten Schiedsrichter-Vereinbarungen noch die daraus resultierenden Spielaufträge ein Arbeitsverhältnis erkennen ließen. Bereits zuvor hatte das Landesarbeitsgerichts Hessen im März 2018 ein Arbeitsverhältnis verneint und in der Grundlagenentscheidung für das Schiedsrichterwesen der Eigenart des Sports Rechnung getragen.

Hier finden Sie unsere einschlägigen Pressemeldungen:

DFB-Sieg mit Heuking in Hannover: Schiedsrichter sind selbstständig
(Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 12. Februar 2020 (2 Sa 172/19)

Schiedsrichter sind keine Arbeitnehmer: Der Deutsche Fußball-Bund e.V. wehrt mit Heuking Kühn Lüer Wojtek erfolgreich Berufung ab
(Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 15. März 2018 (9 Sa 1399/16)

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