28.04.2025 Fachbeitrag

Steuernachforderungswelle rollt auf Versicherer zu

Der Beitrag wurde am 28. April im Versicherungsmonitor erstveröffentlicht.

Die Transportgüterversicherung ist in das Visier der Finanzbehörden geraten. Versicherer, die Transportversicherungspolicen anbieten, sehen sich seit einiger Zeit vermehrt mit hohen Steuernachforderungen konfrontiert. Grund hierfür ist ein über ein Jahrzehnt altes Urteil des Bundesfinanzhofs, das die Betriebsprüfer seit Kurzem für sich entdeckt haben.

Betriebsprüfungen gelten gemeinhin als lästig. Solange sie nur lästig sind, werden sie als unabwendbare Begleiterscheinung unternehmerischen Handelns abgetan. Wenn es den geprüften Unternehmen allerdings „an ihr Geld geht“, wird es tendenziell unerfreulich. Genauso ergeht es gegenwärtig einer stetig wachsenden Zahl an Versicherern, die Transportversicherungspolicen in ihrem Portfolio haben.

Ausgangspunkt für diese Entwicklung ist ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Dezember 2011 (Az. II R 26/10). Darin hat der BFH ausgeführt, dass bei sogenannten Versicherungspaketen nur dann eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden kann, wenn der auf die steuerfreie Versicherungskomponente entfallende Prämienanteil gesondert ausgewiesen wird. 

Mit Schreiben vom 31. Juli 2013 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die vom BFH aufgestellten Voraussetzungen für die steuerliche Behandlung von Versicherungspaketen anerkannt. Zugleich hat es in dem Schreiben näher erläutert, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form Versicherungsentgelt als Teil eines Versicherungspakets gesondert ausgewiesen werden muss. Eine Anpassung von Altverträgen, die vor der Verkündung des BFH-Urteils geschlossen wurden, war hingegen nicht erforderlich. Insoweit sollte es genügen, wenn die erforderliche Aufteilung in der Prämienrechnung in der Zukunft vorgenommen wird.

Anwendbar auf die Transportgüterversicherung?

Was all dies mit der Transportversicherung zu tun hat? Unter den in Paragraf 4 Absatz 1 Nummer 10 Versicherungsteuergesetz (VersStG) geregelten Voraussetzungen gilt auch für die Transportgüterversicherung eine Befreiung von der Versicherungsteuer. Problematisch ist indessen, dass Transportversicherungspolicen häufig in Verbindung mit anderen Versicherungen angeboten werden. Das hat zur Folge, dass eine Anwendbarkeit der BFH-Rechtsprechung zur Besteuerung von Versicherungspaketen in Betracht kommt. So sehen es jedenfalls die Finanzbehörden.

Die Steuernachforderungen wollen die Versicherer allerdings nicht auf sich sitzen lassen. Insoweit bieten sich ihnen zwei Optionen, die Steuerlast abzuwenden. Zum einen können sie – gewissermaßen ganz klassisch – gegen den Nachforderungsbescheid vorgehen. Zum anderen steht ihnen aber auch die Möglichkeit offen, die nachzuentrichtenden Steuern an ihre Versicherungsnehmer „durchzureichen“. Der Anspruch auf Freistellung von einer Steuernachforderung des Finanzamtes folgt dabei aus Paragraf 426 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denn bei dem Steuerschuldner und dem Steuerentrichtungsschuldner handelt es sich gemäß Paragraf 7 Absatz 8 VersStG um echte Gesamtschuldner. 

Dabei gilt es natürlich, die „Verjährungs-Uhr“ im Blick zu behalten. Der Gesamtschuldnerinnenausgleichsanspruch nach Paragraf 426 Absatz 1 BGB unterliegt der dreijährigen Regelverjährung gemäß der Paragrafen 195 und 199 BGB. Da für den Beginn der Verjährung der Schluss desjenigen Jahres maßgeblich ist, in dem der Anspruch entstanden ist, und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt, dürfte die Verjährungsfrist vorbehaltlich einzelfallbezogener Besonderheiten erst mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides zu laufen beginnen.

Steuerliche Fragen noch ungeklärt

Die Versicherungsnehmer sind nachvollziehbarerweise alles andere als begeistert, wenn sie viele Jahre nach Vertragsschluss von den Versicherern plötzlich auf Erstattung von nachentrichteter Versicherungsteuer in Anspruch genommen werden. Reflexartig wird den Versicherern dann gerne vorgehalten, dass diese bei Vertragsschluss für eine Vertragsgestaltung hätten Sorge tragen müssen, durch die der Anfall von Versicherungsteuer vermieden worden wäre. 

Dieser Argumentation lässt sich allerdings regelmäßig damit begegnen, dass einen Versicherer keine Aufklärungspflicht hinsichtlich einer möglichst günstigen rechtlichen oder steuerlichen Gestaltung trifft. Ob sich auch involvierte Makler auf diesen Standpunkt zurückziehen können, ist zumindest diskutabel.

Das Gros der steuerlichen und rechtlichen Fragen, die sich für Versicherer und Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit den Steuernachforderungen bei Transportversicherungsverträgen stellen, ist derzeit noch unbeantwortet. Dies liegt vornehmlich an der langen Dauer der Einspruchs- und insbesondere der sich daran anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren. Viele dieser Verfahren sind gerade erst angelaufen, so dass es wohl noch eine Weile dauern wird, bevor die realistische Chance besteht, die Steuernachforderungswelle zu brechen. 

Als PDF herunterladen

Ansprechpartner

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.