01.03.2014Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht März 2014

Kein Anspruch des Betriebsrates auf Vorlage aller Abmahnungen in anonymisierter Form

BAG, Beschluss vom 17.9.2013, 1 ABR 26/12

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber nicht pauschal verlangen, dass ihm alle ab einem bestimmten Zeitpunkt erteilten Abmahnungen, mit Ausnahme der leitenden Angestellten und der Geschäftsführung, in anonymisierter Form vorgelegt werden.

In der Entscheidung verlangte der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Vorlage aller ausgesprochenen Abmahnungen eines bestimmten Zeitraumes. Der Betriebsrat begründete seinen Antrag, indem er darauf hinwies, vor dem Ausspruch von Kündigungen regulierend und arbeitsplatzerhaltend eingreifen und auf die Arbeitgeberin einwirken zu können, wenn er von bestehenden – in Abmahnungen verdeutlichten – Problemen Kenntnis habe. Zudem habe sich bei der Durchsicht einzelner Abmahnungen ergeben, dass die Arbeitgeberin teilweise Verstöße gegen Anweisungen gerügt hatte, die ohne Beteiligung des Betriebsrates erteilt worden waren.

Nachdem die beiden Vorinstanzen einen Anspruch des Betriebsrates bejaht hatten, wies das Bundesarbeitsgericht den entsprechenden Antrag ab.

Kein Anspruch aus § 80 Abs. 2 BetrVG

Der Anspruch des Betriebsrates folge nicht aus § 80 Abs. 2 BetrVG. Nach dieser Norm ist der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten. Nach § 80 Abs. 2 S. 2 Halbsatz 1 BetrVG ist der Arbeitgeber insbesondere verpflichtet, auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung des Anspruchs ist es nach der Entscheidung des BAG, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrates besteht und die geforderten Unterlagen darüber hinaus zur Wahrnehmung dieser Aufgaben erforderlich sind. Eben diese Voraussetzungen habe der Betriebsrat – entgegen seiner insoweit bestehenden Verpflichtung – nicht in ausreichendem Maße dargelegt. Es fehle bereits an einer Aufgabe des Betriebsrates, für die die Herausgabe der Abmahnungen erforderlich sein könnte.

Zunächst ist es nicht Aufgabe des Betriebsrates, dergestalt auf den Arbeitgeber einzuwirken, dass keine Kündigungen ausgesprochen werden. Außerhalb des formalen Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat bei der Erteilung von Abmahnungen nicht zu beteiligen. Das Mitbestimmungsrechtentsteht vielmehr erst mit der Einleitung des Unterrichtungsverfahrens nach § 102 BetrVG.

Auch aus § 87 BetrVG folge keine Aufgabe des Betriebsrates, die es generell erfordert, dass der Betriebsrat sämtliche Abmahnungen einsehen kann. Abmahnungen könnten vielschichtige Sachverhalte betreffen, die nicht mit den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates in Zusammenhang stehen. Das BAG nennt hier als Beispiel eines Abmahnungsgrundes eine Tätlichkeit. Der Betriebsrat habe nicht ausreichend dargelegt, warum seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG im konkreten Fall die Vorlage aller ausgesprochenen Abmahnungen erfordern sollten.

Mit dieser Entscheidung hat das BAG den Ansatz der Vorinstanzen verworfen, dass bereits eine „gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Betriebsratsaufgaben“ genüge, um einen Auskunftsanspruch des Betriebsrates zu begründen.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass Betriebsratsarbeit eine Frage des konkreten Sachverhalts ist. Arbeitgeber müssen nicht allen Forderungen des Betriebsrates, Unterlagen herauszugeben, ungeprüft nachkommen. Vielmehr ist es Sache des Betriebsrates, im Einzelnen darzulegen, warum welche Unterlagen zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben erforderlich sind. Pauschale Forderungen und pauschale Verweise auf § 87 BetrVG genügen dieser Darlegungspflicht nicht.

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