23.04.2020Fachbeitrag

Update Kapitalmarktrecht Nr. 34

Neuer BaFin-Emittentenleitfaden zur Ad-hoc Publizität und Directors' Dealings veröffentlicht

Inmitten der „Corona-Krise“ hat die BaFin am 22. April 2020 das Modul C ihres neuen Emittentenleitfadens veröffentlicht. Hierin werden die besonders praxisrelevanten Bereiche Ad-hoc-Publizität/Insiderhandels-verbote, Eigengeschäfte von Führungskräften (Directors' Dealings), das Verbot der Marktmanipulation, Rückkaufprogramme und Stabilisierungsmaßnahmen sowie Insiderlisten dargestellt. Aufgrund der Tatsache, dass der Emittentenleitfaden Hinweise zur Verwaltungspraxis der BaFin enthält, hat dieses neu erschienene Modul eine besondere praktische Relevanz für Freiverkehrsemittenten (auch Anleiheemittenten!) und im regulierten Markt börsennotierte Gesellschaften.

Allgemeines

Bereits Mitte 2016 kam es durch die Einführung der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) zu tiefgreifenden Reformen im Kapitalmarktrecht. Äußerst unbefriedigend für die tägliche (Beratungs-)Praxis war, dass bislang noch kein auf die MAR zugeschnittener BaFin-Emittentenleitfaden mit wesentlichen Informationen zur Verwaltungspraxis publiziert worden war. Anfang Juli 2019 hat die BaFin dann zunächst einen Entwurf für das Modul C des neuen BaFin-Emittentenleitfadens publiziert. Im Vergleich zum Entwurf haben sich nur geringfügige Änderungen ergeben.

Ad-hoc-Publizität: Umfassende Darstellung

Zum Bereich Ad-hoc-Publizität fasst das neue Modul des BaFin-Emittentenleitfadens zunächst − auch für Laien verständlich − die Grundlagen, inklusive wichtiger Definitionen zusammen. Zudem kann anhand anschaulicher Prüfungsschemata ein Grundverständnis dafür gewonnen werden, ob überhaupt die Ad-hoc-Vorschriften für den konkreten Emittenten anwendbar sind. Es bleibt aber dabei, dass − wie schon in bisherigen Veröffentlichungen − die wenigen kurzen, allgemeinen Darstellungen nur eine vage Richtung geben. Der Einzelfall in der Praxis lässt sich damit nur selten lösen, hier muss weiterhin auf praktische Erfahrung und vorhandene Einzelfallkenntnisse zurückgegriffen werden. Besonders praxisrelevant sind die Ausführungen zu Prognosenund Ergebnissen, mit einer Abgrenzung zu bloß „allgemein formulierten Erwartungen“ oder „langfristigen Planungen“, die keine Insiderinformationen darstellen. Hilfreich ist, dass die BaFin ihre Ausführungen zu sog. „gestreckten Sachverhalten“ mit mehreren Zwischenschritten (z.B. Unternehmenskäufen) im Vergleich zum Entwurf aus dem Jahr 2019 nochmals deutlich umfassender gestaltet und mit Beispielen unterlegt hat.

Ad-hoc-Publizität: Ad-hoc-Aufschub

Die Voraussetzungen an einen sog. Ad-hoc-Aufschub (Art. 17 Abs. 4 MAR) haben enorme Praxisrelevanz. Ein solcher Aufschub ist z.B. auch bei zeitlich gestreckten Sachverhalten möglich. Die BaFin macht zu den Anforderungen und den formalen Voraussetzungen eines Ad-hoc-Aufschubs in ihrem Emittentenleitfaden umfassende Angaben. Dies gilt sowohl für die Identifikation und Prüfung als auch die Bewertung, ob eine potenzielle Insiderinformation vorliegt. Es wird zudem betont, dass der Emittent verpflichtet sei, unklare Sachverhalte weiter aufzuklären und mögliche Auswirkungen eines Ereignisses sorgfältig daraufhin zu prüfen, ob ein veröffentlichungspflichtiger Umstand vorliegt. Notfalls sei der Emittent ausdrücklich angehalten, sich des Rates von (externen) Experten zu bedienen. Eine Grenze für die Dauer einer solchen Aufklärung und Prüfung sei (erst) bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu ziehen. Diese Präzisierung ermöglicht in der Praxis eine sorgsame rechtliche Bewertung und Planung des weiteren Ad-hoc publizitätsbezogenen Vorgehens. Neu im Vergleich zum Entwurf aus 2019 ist die Klarstellung, dass die Entscheidung über den Aufschub ausdrücklich auch vom (Gesamt-)Vorstand auf ein ordentliches Mitglied des Vorstands delegiert werden kann.

Ad-hoc-Publizität: Auch Aufsichtsrat gefordert

Die BaFin bestätigt im neuen Leitfadenmodul, dass der Aufsichtsrat für sämtliche in seinen Aufgabenbereich fallende Sachbereiche auch die ausschließliche Ad-hoc-Kompetenz besitzt. Daher muss auch ein etwaiger Aufschub der Ad-hoc-Information, z.B. bei Vorstandsänderungen, durch Aufsichtsratsbeschluss erfolgen. Es besteht die Möglichkeit der Delegation auf ein untergeordnetes, vom Aufsichtsrat zu kontrollierendes Ad-hoc-Gremium oder ein ordentliches Mitglied des Aufsichtsrats (neu im Vergleich zum Entwurf aus 2019). Bei der Entscheidung eines Gremiums über den Aufschub soll ebenfalls mindestens ein ordentliches Aufsichtsratsmitglied mitwirken. Im Falle der Vorstandsbestellung ist − wie bisher − darauf zu achten, dass schon die Absicht des verantwortlichen Gremiums, eine bestimmte Person als neuen Vorstandsvorsitzenden zu bestellen, eine Insiderinformation darstellen kann. Das Kursbeeinflussungspotenzial dieser Information könne sich dabei aus der Person des zu Bestellenden ergeben, aber auch aus der Tatsache, dass mit der Konkretisierung auf eine bestimmte Person die Unsicherheit über die zukünftige Ausrichtung des Emittenten beendet ist. Anders als noch im Entwurf von 2019 vorgesehen, wurde im finalen Emittentenleitfaden allerdings gestrichen, dass auch (schon) einer Konkretisierung auf einen ausgewählten engen Personenkreis Kursbeeinflussungspotenzial und damit eine Ad-hoc-Relevanz zukommen könne.

Directors' Dealings

Die BaFin räumt auch dem wichtigen Komplex der „Eigengeschäfte von Führungskräften“ (Directors' Dealings) im neuen Emittentenleitfaden mehr Raum ein, als in früheren Leitfädden. Es werden sehr umfassende Informationen zu den erfassten Finanzinstrumenten sowie den formellen Voraussetzungen der Directors' Dealings-Meldung gegeben. Bezüglich der sog. „Closed Periods“ (Art. 19 Abs. 11 MAR), d.h. dem Handelsverbot von Führungskräften des Emittenten während eines Zeitraums von 30 Kalendertagen vor Ankündigung eines Zwischenberichts oder eines Jahresabschlussberichts, betont die BaFin nun nochmals ausdrücklich (erstmals Ende 2018), dass schon am Tag der Ankündigung (nach der Veröffentlichung) – und nicht erst einen Tag später – das Handelsverbot endet und wieder Eigengeschäfte möglich sind.

Fazit

Trotz des gestiegenen Darstellungsumfangs und erhöhten Detaillierungsgrads des neuen Emittentenleitfadens haben sich gegenüber der bisher bekannten Praxis der BaFin nur in wenigen Details neue Informationen ergeben. Weiter gilt, dass es auch künftig − vor allem bei Ad-hoc-Fragestellungen − auf eine gründliche Abwägung unter Einbeziehung der Besonderheiten des Einzelfalls ankommen wird. Dies gilt im Speziellen bei Sachverhalten mit Bezug zur aktuellen „Corona-Krise“, bei der eventuell die diesbezüglichen besonderen Hinweise der BaFin zu beachten sind (vgl. dazu unsere Informationen auf unserer Corona Themenseite im Abschnitt „Kapitalmarktrecht“).

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