13.03.2014Fachbeitrag

Update EU-Wettbewerbsrecht 08

Schadensersatz bei Kartellverstößen Haftung auch für Schäden von Kunden Dritter?

Kartellsünder sollen künftig auch für indirekte Schäden haften, welche sie den Kunden ihrer Wettbewerber verursacht haben. So jedenfalls ein Vorschlag der Generalanwältin beim EuGH Juliane Kokott (Schlussanträge vom 30. Januar 2014, in der Rs. C-557/12 - Kone).

Inzwischen ist es fast zur Regel geworden, dass Kartellanten nach der Aufdeckung eines Kartells Schadensersatzansprüche ihrer Kunden gewärtigen müssen. Neu ist hingegen die Vorstellung, dass die Kartellsünder auch von den Kunden eines Kartellaußenseiters rechtlich belangt werden könnten.

Was als Preisschirmeffekt (umbrella effect oder pricing) umschrieben wird, zeichnet sich dadurch aus, dass nicht an einem Kartell beteiligte Unternehmen (sog. Kartellaußenseiter) „unter dem Schirm des Kartells“ entweder bewusst oder unbewusst ihre Preise gewissermaßen im Windschatten des Kartells erhöhen.

Der EuGH muss gegenwärtig im Zusammenhang mit dem Aufzugskartell zur Frage Stellung nehmen, ob sich aus dem EU-Kartellrecht ein Anspruch auf Ausgleich von derartigen Preisschirmeffekten ergebe. Die ÖBB-Infrastruktur AG hatte diverse Aufzüge während der Dauer des Kartells erworben. Weil sie der Meinung war, die Preise seien überhöht gewesen, klagte sie vor den österreichischen Zivilgerichten gegen die vier Hauptakteure des Aufzugskartells auf Ersatz des tatsächlichen oder vermeintlichen Schadens in Höhe von insgesamt 8 Mio. Euro, davon ca. 1,8 Mio. Euro aufgrund von angeblich überteuerten Einkäufen bei einem Kartellaußenseiter.

Die Generalanwältin beim EuGH Kokott vertrat in ihren Schlussanträgen die Auffassung, eine solche Haftung lasse sich aus dem EU-Recht herleiten. Der Schaden könne grundsätzlich den Kartellbeteiligten zugerechnet werden. Denn der Preisschirmeffekt sei für diese generell vorhersehbar, wenn nicht sogar beabsichtigt. Eine Entschädigung der durch den Preisschirmeffekt geschädigten Kunden stehe im Einklang mit den Zielen des europäischen Kartellverbots.

Dies könnte also bedeuten, dass die Kartellanten die kartellbedingten Mehrausgaben, an denen andere verdient haben, den Kunden ersetzen müssen. Im Einzelfall wird voraussichtlich der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Kartell und dem Preisschirmeffekt mit großen praktischen Schwierigkeiten verbunden sein, ebenso wie die Bezifferung der konkreten Schadensersatzsumme. 

Die Schlussanträge der Generalanwältin stellen eine Empfehlung dar, an welche der EuGH nicht gebunden ist. Bis dieser sein Urteil verkündet, wird es voraussichtlich noch mehrere Monate dauern.

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