27.09.2023Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht September 2023

Unzulässiges Hausverbot gegen den Betriebsratsvorsitzenden

LAG Hessen, Beschluss vom 28.08.2023 – 16 TaBVGa 97/23

Die Erteilung eines Hausverbots gegen den Betriebsratsvorsitzenden stellt eine unzulässige Behinderung seiner Amtstätigkeit dar und verstößt gegen die Schutzbestimmungen des § 78 BetrVG. Nach Ansicht des LAG Hessen muss der Arbeitgeber im Falle eines gravierenden Pflichtverstoßes durch ein Betriebsratsmitglied selbst einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts stellen.

Sachverhalt

Die Parteien streiten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren über die Rechtmäßigkeit eines gegen den Betriebsratsvorsitzenden erteiltes Hausverbots. Anlass für den Ausspruch des Hausverbots war der Vorwurf der Arbeitgeberin, der Betriebsratsvorsitzende habe Urkunden gefälscht und sich damit strafbar gemacht. Dieser hatte zuvor im Vorzimmer der Betriebsleitung den Eingangsstempel genutzt, um damit Betriebsunterlagen abzustempeln, dessen Annahme Mitarbeitende der Personalabteilung und der Betriebsleiter verweigert hatten. Angesichts dessen erstattete die Arbeitgeberin, ein am Flughafen Frankfurt am Main tätiges Catering-Unternehme für Fluggesellschaften, Strafanzeige und sprach gegen den Betriebsratsvorsitzenden ein Hausverbot aus. Zudem leitete die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Verfahren auf Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat ein.

Der Eilantrag des Betriebsrats sowie des Betriebsratsvorsitzenden auf ungehinderten Zutritt zu den Gebäuden und dem Gelände der Arbeitgeberin am Standort Frankfurt am Main zum Zwecke der Ausführung der Betriebsratstätigkeit war erstinstanzlich erfolgreich. Mit Beschluss vom 28.08.2023 wies das LAG Hessen die eingelegte Beschwerde der Arbeitgeberin ebenfalls zurück.

Entscheidung

Zur Begründung führt das LAG Hessen aus, dass die Erteilung des Hausverbotes bzw. die Verweigerung des Zugangs des Betriebsratsvorsitzenden auf das Gelände der Arbeitgeberin eine Behinderung der Betriebsratsarbeit darstelle. Nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes dürfen Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sofern die Arbeitgeberin also verhindern möchte, dass der Betriebsratsvorsitzende weiter tätig wird, müsse diese selbst einen Antrag beim Arbeitsgericht auf vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts stellen. Im Übrigen lassen die Umstände des Falles nicht erkennen, dass eine derart gravierende Störung der Zusammenarbeit zwischen den Betriebsparteien vorliege, welche wiederum den Ausspruch des Hausverbots bis zum rechtskräftigen Abschluss des Amtsenthebungsverfahrens rechtfertigen könnte. Demnach sei bei der Bewertung des Falles nicht auf die strafrechtliche Betrachtung abzustellen, sondern darauf, ob die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Betriebsparteien unzumutbar beeinträchtigt sei. Im Ergebnis sei der Ausspruch des Hausverbotes gegen den Betriebsratsvorsitzenden in dem gegenständlichen Eilverfahren daher unzulässig.

Fazit

Die Entscheidung des LAG Hessen verdeutlicht das Dilemma, in dem sich Arbeitgeber befinden. Nach § 78 Satz 1 BetrVG genießt die ungestörte Betriebsratsarbeit einen hohen rechtlichen Stellenwert. Selbst bei Vorliegen von gravierenden Störungen, vorsätzlichen Handeln oder schwerwiegenden Vertrauensbrüchen ist eine Verweigerung des Zugangs zum Betrieb daher nicht in jedem Fall ohne Weiteres möglich. Im Gegensatz zu Mitarbeitenden ohne Betriebsratsmandat sind bei der Frage des Hausverbots oder der Freistellung stets die Schutzbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zu berücksichtigen. Arbeitgeber sollten den Ausspruch eines Hausverbots gegen Mitglieder des Betriebsrats sorgfältig abwägen, da hiermit im Regelfall auch die Tätigkeit des Betriebsratsmitgliedes gestört und behindert wird. Die mit dem Ausspruch eines Hausverbots einhergehende Beeinträchtigung der Arbeitnehmervertretung kann im Einzelfall nicht nur betriebsverfassungswidrig, sondern auch nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG strafbar sein. Ein Hausverbot ist daher nur in sehr engen Grenzen überhaupt zulässig und darf allenfalls aus Gründen der Sicherung des Betriebsfriedens, zum Schutz der Rechtsgüter des Arbeitgebers oder auch der Rechte anderer Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Nach den Ausführungen des LAG Hessen ist Arbeitgebern bei gravierenden Verstößen durch ein Mitglied des Betriebsrats anzuraten, selbst aktiv zu werden und beim zuständigen Arbeitsgericht einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Ausübung der Betriebsratstätigkeit zu stellen.

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