22.09.2023Fachbeitrag

Fachbeitrag

Von wegen Sommerloch!

Der Beitrag wurde am 21. August 2023 im Versicherungsmonitor erstveröffentlicht.

Während anderenorts Wildschweine zu Löwinnen gemacht werden mussten, um die nachrichtenarme Zeit in den Sommermonaten zu überbrücken, ging es im Versicherungsrecht in den vergangenen Wochen vergleichsweise hoch her. Grund hierfür waren vornehmlich drei Entscheidungen von Instanzgerichten, die in der Versicherungsbranche für mächtig Aufsehen gesorgt haben. Und als wäre das noch nicht genug, hat sich dann auch noch die BaFin zu Wort gemeldet.

Ob man in der Beurteilung so weit gehen kann, dass das Landgericht Tübingen Rechtsgeschichte geschrieben hat, mag dahin gestellt bleiben. Jedenfalls waren die Richterinnen und Richter in Tübingen die Ersten, die – soweit ersichtlich – ein Urteil zur Cyberversicherung gefällt haben. Dieser Umstand hat dem am 26.05.2023 ergangenen Urteil (Az. 4 O 193/21) erhebliche Aufmerksamkeit beschert. Inhaltlich ging es in der Entscheidung unter anderem um die Frage, ob die möglicherweise falsche Antwort der klagenden Versicherungsnehmerin auf eine ihr gestellte Risikofrage für den Eintritt des Versicherungsfalles ursächlich gewesen ist. Darüber hinaus enthält das Urteil einige lesenswerte Ausführungen zu den an eine vorsätzliche oder arglistige Falschbeantwortung zu stellenden Anforderungen. Auch die – vom Landgericht Tübingen im Ergebnis verneinte – Frage, ob eine Anspruchskürzung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles in Betracht kommt, wird in dem Urteil thematisiert.

Parallel hat es auch das Landgericht Dortmund geschafft, mit einer aufsehenerregenden Entscheidung in die Schlagzeilen zu geraten. Wobei die Bezeichnung „Entscheidung“ in diesem Zusammenhang etwas zu weit geht, denn streng genommen war es zunächst einmal nur ein Hinweisbeschluss, mit dem das Landgericht Dortmund seine vorläufige Rechtsauffassung kundgetan hat. Beachtung erfährt der vom 21.06.2023 datierende Hinweisbeschluss (Az. 8 O 5/22) insbesondere deshalb, weil das Landgericht Dortmund – insoweit abweichend von der bislang in Literatur und Rechtsprechung vorherrschenden Auffassung – den Standpunkt vertritt, eine mit Bußgeldern belegte Gesellschaft könne ihren Geschäftsführer hinsichtlich der gezahlten Geldbuße in Regress nehmen. Auch wenn es sich damit letztlich um einen Fall aus dem Bereich der Organhaftung handelt, ist der Hinweisbeschluss des Landgerichts Dortmund natürlich auch und gerade für D&O-Versicherer von enormer Tragweite. Denn bei erfolgreichem Bußgeldregress würden sie schlussendlich „die Zeche zahlen“ – zumindest sofern kein Deckungsausschluss zum Tragen kommt.

Gleiches Thema, anderes Gericht: Etwa einen Monat nach Bekanntwerden der Entscheidung des Landgerichts Dortmund hat sich auch das Oberlandesgericht Düsseldorf zu der Frage der Regressierbarkeit von Unternehmensgeldbußen geäußert. Anders als das Landgericht Dortmund vertritt das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 27.07.2023 (Az. VI-6 U 1/22) die Auffassung, dass Vorstände und Geschäftsführer für Bußgelder, die der Gesellschaft auferlegt werden, nicht haften. Zur Begründung verweist das OLG Düsseldorf unter anderem darauf, dass es nicht gewollt sein könne, dass Bußgelder auf die hinter den Leitungsorganen stehenden D&O-Versicherer abgewälzt würden. Da das OLG Düsseldorf wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit die Revision zum BGH zugelassen hat, ist das letzte Wort in Sachen Bußgeldregress allerdings noch nicht gesprochen.

Und als wäre all dies noch nicht genug, haben BaFin und DIHK Anfang Juli in einer gemeinsam veröffentlichen Stellungnahme zu dem spektakulären EuGH-Urteil zur Gruppenversicherung vom 29. September 2022 (Az. C - 633/20) Position bezogen. Da soll doch mal einer sagen, im Versicherungsrecht sei nichts los.

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