29.09.2022Fachbeitrag

Vergabe 1312

Voraussetzungen einer Dringlichkeitsvergabe

Zwingende Gründe für eine Dringlichkeitsvergabe liegen vor, wenn das bedrohte Rechtsgut schwerer wiegt als die Bedeutung eines regulären Vergabeverfahrens. Die Dringlichkeit ist dem Auftraggeber zurechenbar, wenn er ohne sachlichen Grund die Beschaffung eines offenkundigen Bedarfs hinauszögert (OLG Bremen, 01.04.2022, 2 Verg 1/21).

Vergabe eines Auftrages zur Lieferung von Corona-Selbsttests

Der Auftraggeber vergab einen Auftrag zur Lieferung von Corona-Selbsttests per Direktvergabe nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV, da er befürchtete, zum regulären Schulbetrieb nicht recht-zeitig genügend Tests über reguläre Vergabeverfahren bekommen zu können.

Kein zwingender Grund und Zurechenbarkeit der Dringlichkeit

Der Antragsteller beanstandete, dass die Voraussetzungen einer Dringlichkeitsvergabe nicht vorlägen. Ein „zwingender Grund“ sei nicht ersichtlich. Zudem sei die Dringlichkeit dem Auftraggeber zuzurechnen, da der Bedarf vorhersehbar gewesen sei.

Zwingender Grund nicht nur bei Gefahren für Leib und Leben

Dieser Auffassung folgte das OLG Bremen nicht. Zwingende Gründe kämen nicht nur bei Gefahren für Leib und Leben in Betracht, sondern immer dann, wenn das gefährdete Rechtsgut – vorliegend der Schulbetrieb – schwerer wiege als die Zwecke regulärer Vergabeverfahren. Aufgrund des dynamischen Infektionsgeschehens und der Neuartigkeit der Corona-Selbsttests sei der Bedarf auch nicht offenkundig vorhersehbar gewesen.

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