27.10.2023Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Oktober 2023

Zur Zustellung von Kündigungen und deren Nachweis – Umgang mit einem regelmäßig auftretenden Problem in der täglichen Personalarbeit

LAG Nürnberg, Urt. v. 15. Juni 2023 – 5 Sa 1/23

Das LAG Nürnberg hat mit Urteil vom 15. Juni 2023 (Az. 5 Sa 1/23) entschieden, dass bei einem Kündigungsschreiben per Einwurf-Einschreiben der sogenannte „Beweis des ersten Anscheins“ für den Zugang des Schreibens beim Empfänger spricht, sofern der Absender den Einlieferungsbeleg und die Reproduktion des Auslieferungsbeleges mit der Unterschrift des Zustellers vorlegt.

Sachverhalt

In der zugrundeliegenden Entscheidung stritten die Parteien über den Zugangszeitpunkt einer ordentlichen Kündigung. Die im Jahre 1986 geborene Klägerin war seit dem 1. April 2021 bei der Beklagten zu einem Vierteljahresbruttoeinkommen i.H.v. 30.272,70 Euro als Zahnärztin beschäftigt. Arbeitsvertraglich war eine vierteljährliche Kündigungsfrist zum Quartalsende vereinbart worden. Mit Schreiben vom 28. September 2021 kündigte der Beklagte das bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2021, welches entsprechend dem Zustellungsnachweis der Deutschen Post AG vom 30. September 2021 der Klägerin zugestellt wurde.

Am 13. Oktober 2021 erhob die Klägerin beim Arbeitsgericht Nürnberg, um feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28. September 2021 nicht zum 31. Dezember 2021, sondern erst zum 31. März 2022 aufgelöst worden sei, da die Kündigung erst im Oktober zugegangen sei.

Das ArbG Nürnberg hat die Klage abgewiesen (ArbG Nürnberg, Urt. v. 23. November 2022 – 4 Ca 4439/21). Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung beim LAG Nürnberg eingelegt.

Entscheidung

Auch die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klage sei zu Recht abgewiesen worden, da die ausgesprochene ordentliche Kündigung der Klägerin bereits am 30. September 2021 zuging und damit das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2021 auflöste. Das LAG hielt dabei in Ergänzung zu den Gründen des Arbeitsgerichts fest, dass der sogenannte Beweis des ersten Anscheins für den Zugang beim Empfänger spricht, wenn das Kündigungsschreiben per Einwurf-Einschreiben versendet wurde und der Absender (in der Regel der Arbeitgeber)

  • den Einlieferungsbeleg sowie
  • den Auslieferungsbeleg mit der Unterschrift des Zustellers vorlegt.

Zudem führte es aus, dass zugleich auch der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang des Schreibens zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten am Datum des Auslieferungsbelegs gegeben ist. Erfolge die Zustellung durch einen Mitarbeiter des in der Veröffentlichung zensierten Postzustellunternehmens – wohl die Deutschen Post AG – und nicht durch einen anderen Versanddienstleister, könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Mitarbeiter die Zustellungen im Rahmen seiner ihm zugewiesenen Arbeitszeiten vornimmt. Die dem jeweiligen Zusteller zugewiesenen Arbeitszeiten prägten regelmäßig auch die ortsüblichen Zustellzeiten.

Praxishinweis

Das LAG Nürnberg schließt sich mit seiner Entscheidung der jüngeren Rechtsprechung zum erleichterten Beweis des Zugangs von Kündigungsschreiben an (BGH, Urt. v. 27.09.2016 – II ZR 299/15; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 12.03.2019 – 2 Sa 139/18; LAG Baden-Württemberg, Urt. v.28.02.2021 – 4 Sa 68/20 und LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.01.2020 – 1 Sa 159/21).

Die Zustellung von Kündigungsschreiben (und anderer Dokumente, wie Abmahnungen, Freistellungserklärungen, etc.) ist eine der vielen bürokratischen Lästigkeiten, mit denen sich Personalabteilungen herumschlagen müssen. Das (vermutlich oft wahrheitswidrige) Bestreiten des Zugangs durch Arbeitnehmer ist ebenso wenig selten wie das Umziehen ohne Mitteilung der Adressänderungen oder gar das Abschrauben von Briefkästen. Rechtssicher lassen sich Kündigungen nur durch persönliche Übergabe oder besonders protokollierte Zustellungen vornehmen. Jedenfalls bei Kündigungen, bei denen der Rechtsstreit schon zu erwarten ist oder es aber auf den genauen Zeitpunkt ankommt (Probezeitende, Monatsende, etc.), sollte unbedingt eine solche rechtssichere Form zurückgegriffen werden.

Bei sonstigen „alltäglichen“ Kündigungen kann aber pragmatischerweise auf das Einwurfeinschreiben der Deutschen Post zurückgegriffen werden. Das LAG hebt in der Entscheidung dabei aber noch einmal hervor, dass ein Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens allein nicht ausreicht, um den Zugang einer Kündigung nachzuweisen. Es bedarf hier auch i.d.R. den entsprechenden Auslieferungsbeleg des Zustellers. Solche Auslieferungsbelege sind gesondert bei dem Postdienstleister anzufordern. Die Entscheidung nennt dabei nicht die Deutsche Post AG beim Namen; es ist aber davon auszugehen, dass diese gemeint ist und dass der Deutschen Post durch die Gerichte nach wie vor ein höheres Vertrauen entgegengebracht wird.

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