31.05.2021Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Mai 2021

Der verdeckte Einsatz von Privatdetektiven – Zulässigkeit und Beweisverwertung im Prozess

Der Einsatz von Privatdetektiven zur Überwachung des Arbeitnehmers ist aufgrund des Eingriffs in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Beobachteten nur gerechtfertigt, wenn konkrete Tatsachen den Verdacht rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer eine Straftat oder erhebliche Vertragsverletzungen begangen hat bzw. begeht. Ergänzend unterliegt der Detektiveinsatz einer Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung und den Anforderungen des Datenschutzrechts.

Zulässigkeit des verdeckten Einsatzes von Privatdetektiven

Während der Observation eines Arbeitnehmers von einem Privatdetektiv verarbeitet dieser personenbezogene Daten i.S.d. § 26 BDSG. Aufgrund der notwendigen Heimlichkeit der Überwachung kommt eine Einwilligung des Arbeitnehmers in die Verarbeitung nicht in Betracht, sodass vielmehr ein gravierender Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht, Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK und bei Fotos zugleich Recht am eigenen Bild des Arbeitnehmers vorliegt. Solche Observationen sind daher nur zulässig, wenn sie gerechtfertigt sind. Eine Rechtfertigung kann sich aus § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG und/oder aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG ergeben. 

Voraussetzungen der Observation

§ 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG schreibt vor, dass personenbezogene Daten eines Arbeitnehmers zur Aufdeckung von Straftaten nur dann verarbeitet werden dürfen, „wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Verarbeitung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse der oder des Beschäftigten an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.“ Steht keine mögliche Straftat im Raum, sondern geht es darum, dass der Arbeitnehmer erhebliche Vertragsverletzungen begangen hat, kommt eine Rechtfertigung der Datenverarbeitung nach der Rechtsprechung des BAG auch durch § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Betracht. Demnach ist eine Datenverarbeitung bei schweren Pflichtverstößen, die noch keinen Straftatbestand erfüllen, aus Zwecken des Beschäftigungsverhältnisses gerechtfertigt, wenn diese für die Entscheidung „über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung“ erforderlich ist. 

Der konkrete Verdacht muss in beiden Fällen auf tatsächlichen und objektivierbaren Anhaltspunkten beruhen, die bereits vor dem Detektiveinsatz vorlagen. Hierfür reicht nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 20. Oktober 2016 – 2 AZR 395/15) ein Anfangsverdacht i.S.d. § 152 Abs. 2 StPO gegen einen abgrenzbaren Kreis von Beschäftigten aus. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer gegenüber Kollegen seine Arbeitsunfähigkeit vorab ankündigt (LAG Hamm vom 22. Juli 2004 – 8 Sa 478/04). 

Sofern konkrete Tatsachen oder beweisbare begründete Zweifel für das Vorliegen einer Straftat oder einer schweren Pflichtverletzung bestehen, unterliegt der Einsatz weiterhin einer Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Observation muss geeignet sein, um die Straftat oder Pflichtverletzung nachzuweisen und es darf kein anderes, milderes Mittel zum Nachweis zur Verfügung stehen. So ist der Sachverhalt zunächst etwa durch Zeugenbefragungen, Eingrenzungen der in Betracht kommenden Arbeitnehmer, Anhörung des Arbeitnehmers und ähnliche mildere Maßnahmen aufzuklären. Darüber hinaus liegt eine Rechtfertigung der Observation nur für das durch den Nachweis notwendige Maß der Einschränkung(en) vor. Eine Observation, die zum Nachweis des „Krankfeierns“ erfolgt und über 14 Tage andauert, übersteigt ein solches Maß. Eine Observation in und aus den Privaträumen ist wegen des betroffenen Kernbereichs der Privatsphäre des Arbeitnehmers stets ausgeschlossen und nach § 123 Abs. 1 StGB und/oder nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbewehrt.

Soweit eine Kontrolle der Arbeitnehmer mittels technischer Einrichtungen erfolgt, löst dies darüber hinaus nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus, welches in der Praxis lediglich durch den Ausschluss des Einsatzes technischer Einrichtungen verhindert werden kann.

Beweisverwertung im Prozess

Der Arbeitgeber trägt im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses die Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung. Eine unzulässige Observation führt dabei nicht zwingend zu einem Beweisverwertungsverbot im Prozess. Allerdings leitet die Rechtsprechung aus dem Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein Beweisverwertungsverbot ab, wenn sich durch die Verwertung der Grundrechtseingriff perpetuiert. So hat das Gericht in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Verwertung der unrechtmäßig erlangten Beweismittel mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers vereinbar ist oder den unzulässigen Eingriff festschreibt.

Praxishinweis

Wenn der Detektiveinsatz nicht nach Maßgabe der dargestellten Anforderungen erfolgt, können den Arbeitgeber erhebliche Bußgelder oder sogar eine Strafverfolgung erwarten. Auch kommt ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers in Betracht. Aufgrund dieser Risiken ist in jedem Fall eine konkrete, individuelle Einzelfallprüfung und qualitative Auswahl eines Privatdetektivs zwingend. Insbesondere wird immer im Kern die Frage stehen, ob die Observation mit Blick auf den zu überprüfenden Verdacht verhältnismäßig ist. 

Abschließend ist seitens des Arbeitgebers die Löschpflicht zu beachten. Die Daten sind insbesondere unverzüglich zu löschen, wenn ihre Verarbeitung unrechtmäßig ist, sie für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Allerdings bleibt die Speicherung der erhobenen Daten verhältnismäßig, solange die Rechtsverfolgung durch den Arbeitgeber materiell-rechtlich möglich ist. („Datenschutz ist nicht Tatenschutz“, BAG vom 23. August 2018 – 2 AZR 133/18).

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