31.07.2025 Fachbeitrag

Entfernung unrechtmäßiger Abmahnungen aus der Personalakte – im Einzelfall auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Update Arbeitsrecht Juli 2025

Landesarbeitsgericht (LAG) Hannover, Urteil v. 4. April 2025 – 14 SLa 724/24

Der Kläger war als Standortleitung in einer Pflegeeinrichtung der Beklagten seit dem 15. Juli 2020 beschäftigt.

Mit Schreiben vom 5. Juli 2023, 19. Juli 2023 und 14. August 2023 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger drei Abmahnungen aus. Die erste Abmahnung beinhaltete u. a. den Vorwurf, dass der Kläger einer anderen Arbeitnehmerin „die weitere Unterstützung und Mithilfe während ihrer Arbeitszeit verweigert habe, obwohl er von der Geschäftsführung ausdrücklich dazu aufgefordert worden sei, eine geordnete Übergabe und Unterstützung anzubieten“. Die beiden anderen Abmahnungen bezogen sich inhaltlich auf diesen Vorwurf.

Der Kläger kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30. September 2023 und klagte auf die Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte.

Er argumentierte, dass ihm die erhobenen Vorwürfe auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch schaden könnten, weil er in dem sehr sensiblen Bereich der Pflege tätig sei. Für den Fall, dass er sich im Bereich der Pflege neu bewerbe, sei eine Rückfrage des zukünftigen neuen Arbeitgebers bei dem alten Arbeitgeber nicht auszuschließen. Weiterhin sei festzuhalten, dass der Pflegesektor ein schnelllebiger Bereich sei. Übernahme und Aufkäufe von Pflegeketten seien Realität. Die dann neue Geschäftsführung könnte die Abmahnung in der Personalakte des Klägers sehen, wenn sich dieser auf eine Stelle dort bewerbe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Entscheidung des Gerichts

Das LAG Hannover gab dem Kläger Recht und verurteilte die Arbeitgeberin zur Entfernung der drei Abmahnungen aus der Personalakte.

Das LAG stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), nach der zwar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig kein Anspruch des Arbeitnehmers mehr auf Entfernung selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte bestehe. Allerdings sei ein derartiger Anspruch ausnahmsweise dann gegeben, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, eine Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden könne und die Abmahnung zu Unrecht erfolgt sei. 

Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. 

Die Abmahnungen seien zu Unrecht erfolgt, weil der Vorwurf aus der ersten Abmahnung (die „Verweigerung der Unterstützung“) zu unbestimmt sei. Die Abmahnung verfehle daher ihren Sinn, ein genau bezeichnetes Fehlverhalten zu rügen. Hierdurch wisse der Arbeitnehmer nicht, was ihm konkret vorgeworfen werde und auch nicht, was er zu unterlassen habe. Die weiteren Abmahnungen seien bereits deshalb zu Unrecht erfolgt, weil sie auf die erste unwirksame Abmahnung ausdrücklich Bezug genommen hätten. 

Es bestehe zudem auch die begründete Befürchtung, dass die Abmahnungen dem Kläger auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch schaden könnten. 

Dies begründete des LAG damit, dass der im Bereich der Pflegeheime beruflich orientiert sei, und nachvollziehbar ausgeführt habe, dass der Pflegesektor ein schnelllebiger Bereich sei und die Übernahme und Aufkäufe von Pflegeketten die Realität seien oder dass es jedenfalls zur Übertragung von Einrichtungen kommen kann. Zudem war zwischen den Parteien unstreitig, dass der Pflegesektor auch ein sehr sensibler Bereich ist, insbesondere hinsichtlich der in den Abmahnungen zum Ausdruck gebrachten Vorwürfe.

Da die Abmahnungen zu Unrecht erfolgt seien, könne die Beklagte an der Aufbewahrung auch kein rechtliches Interesse haben, dass dem Interesse des Klägers entgegenstünde.

Praxishinweise

Die Entscheidung des LAG liegt auf einer Linie mit der bisherigen Rechtsprechung des BAG, wonach ein Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann besteht, wenn diese dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann und die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist.

Sie unterstreicht zudem zwei wichtige Punkte, die Arbeitgeber bei Abmahnungen beachten sollten: 

  • Die Abmahnung muss das zu rügende Fehlverhalten genau bezeichnen, damit der Arbeitnehmer erkennen kann, welche konkrete Pflichtverletzung ihm vorgeworfen wird. Vor diesem Hintergrund sollten – je nach vorhandenen Informationen – Datum, Uhrzeit, Ort, Vorfall, Beteiligte und ggf. die Auswirkungen prägnant aber genau bezeichnet werden.
  • Darüber hinaus sollten Arbeitgeber vermeiden, in einer Abmahnung Bezug auf eine andere Abmahnung zu nehmen, da allein die Bezugnahme auf eine zu Unrecht erfolgt Abmahnung die Unwirksamkeit der Abmahnung begründen kann.
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