29.06.2023Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Juni 2023

Individuelle Punkt-Einsatzprämie für Bundesligaspiele

ArbG Gelsenkirchen, Urteil vom 22.03.2023 – 3 Ca 1292/22

Eine in der Praxis häufige Streitfrage ist die Auslegung von Vertragsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag. Bei den vom Arbeitgeber vorformulierten Vertragsbedingungen handelt es sich in der Regel um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Dies gilt auch für den Spielervertrag eines Profifußballers, der vom Club gestellt wird. Es gilt somit auch hier der strenge Prüfungsmaßstab der §§ 305 ff. BGB. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen musste sich jüngst mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit die Regelungen des Spielervertrags einer entsprechenden AGB-Prüfung standhalten. Konkret ging es um die Auslegung einer Punkt-Einsatzprämie.

Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Zahlung einer „Individuellen Punkt-Einsatzprämie für Bundesligaspiele“ des Klägers. Der am 25.08.1990 geborene Kläger ist professioneller Fußballspieler und stand bei dem beklagten Club seit dem 01.07.2018 unter Vertrag. Hierzu schlossen die Parteien am 13.04.2018 einen Spielervertrag. Dieser Spielervertrag sah neben dem Grundgehalt auch eine gesonderte Punkt-Einsatzprämie für Bundesligaspiele vor.

Die übrigen Vertragsbedingungen des Spielervertrags differenzierten stets zwischen den Begriffen „Bundesliga“ und „2. Bundesliga“. Dies bezog sich beispielsweise auf die Vermarktung von Leistungen und Rechten des Spielers sowie die Ligazugehörigkeit der Mannschaft. Die individuelle Punkt-Einsatzprämie nahm eine solche Differenzierung nicht vor. Die Regelung sah für „Bundesligaspiele“ unter anderem vor, dass der Spieler bei einem Einsatz in der Startaufstellung oder einen Einsatz von 45 Minuten als Ersatzspieler eine Punkt-Einsatzprämie in Höhe von € 15.000,00 brutto pro Punkt erhält. Qualifiziert sich der Club innerhalb einer Saison für die Gruppenphase der UEFA Champions League in der Folgesaison, so erhöht sich die Punkteinsatzprämie für die jeweilige Saison der Qualifikation zur UEFA Champions League nachträglich um € 2.000,00 pro Punkt.

Der Kläger machte für seine Einsätze in den Spielen der 2. Bundesliga unter anderem eine Punkt-Einsatzprämie in Höhe von € 270.500,00 geltend. Der Club zahlte den geltend gemachten Betrag nicht und teilte hierzu gegenüber dem Spieler mit, dass für Spiele der 2. Bundesliga keine Prämie vereinbart worden ist.

Der Spieler erhob deshalb Klage vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen wies die Klage des Spielers mit Urteil vom 22.03.2023 als unbegründet ab.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen führt als Begründung aus, dass kein Anspruch des Spielers auf Zahlung einer weiteren Punkt-Einsatzprämie gegen den beklagten Club besteht. Dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch stehe entgegen, dass die streitgegenständlichen Spiele in der 2. Bundesliga stattgefunden haben. Die Vereinbarung der Punkt-Einsatzprämie sei nur für Bundesligaspiele des Clubs vereinbart worden.

Die vereinbarte Punkt-Einsatzprämie differenziere zwar nicht ausdrücklich zwischen der 1. und 2. Bundesliga, die Klausel ist jedoch nach Ansicht des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen insoweit auszulegen, dass unter „Bundesligaspiele“ nicht Spiele der 2. Bundesliga fallen. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen weist darauf hin, dass es sich bei den Vertragsbedingungen des Spielervertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt. Es komme daher darauf an, wie ein verständiger Spieler die Regelungen zur Punkt-Einsatzprämie objektiv vernünftigerweise verstehen konnte und durfte. Aus dem Wortlaut des Spielervertrags sowie der Systematik der Regelung ergebe sich, dass mit „Bundesliga“ im Sinne der Vereinbarung ausschließlich die „1. Bundesliga“ gemeint ist.

Diese Begrifflichkeit bzw. ihr Verständnis ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen führt hierzu aus, dass die Auslegung des Begriffes einerseits von dem DFL Deutsche Fußball Liga e.V. als Veranstalter der Bundesliga und der 2. Bundesliga zum Ausdruck gebracht werde. Entscheidend sei aber auch, dass der Spielervertrag des Klägers stets eine Differenzierung zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga vornimmt. Daraus sei zu folgen, dass diese Differenzierung auch für die Punkt-Einsatzprämie gelte.

Ferner sei bei der Auslegung zu berücksichtigen, dass eine Erhöhung der Punktprämie erfolge, wenn sich der Club innerhalb einer Saison für die Gruppenphase der UEFA Champions League in der Folgesaison qualifiziere. Dies sei nur möglich, wenn der Club in der 1. Bundesliga spielt. Folglich müsse dies bei der Auslegung der Punkt-Einsatzprämie berücksichtigt werden.

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hat deshalb festgestellt, dass der Kläger für seine Einsätze in der 2. Bundesliga keinen Anspruch auf eine Punktprämie gegen den beklagten Club hat.

Praxistipp

Um etwaige Auslegungsschwierigkeiten bei Arbeitsverträgen zu vermeiden, bedarf es stets einer genauen Formulierung. Bereits kleine Unregelmäßigkeiten können zu Auslegungsschwierigkeiten führen, die nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders gehen. Deshalb sollten bestimmte Begrifflichkeiten, die in einem Arbeitsvertrag wiederholt vorkommen, stets vom Arbeitgeber einheitlich verwendet werden. Dadurch lassen sich Auslegungsschwierigkeiten vermeiden, die ansonsten ein teures Nachspiel zur Folge haben könnten.

Bei der Anfertigung von Arbeitsverträgen ist deshalb aus Arbeitgebersicht besondere Vorsicht zu wahren. In dem hier streitgegenständlichen Fall wäre es empfehlenswert gewesen, bei der Klausel zur Punkt-Einsatzprämie von vorneherein explizit festzulegen, für welche Liga diese gelten soll. Dadurch hätte es für die Vertragsparteien keine Zweifel bei der Auslegung der Punkt-Einsatzprämie gegeben.

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