Kein Sonderkündigungsschutz wegen Betriebsratsgründung während der Probezeit
Update Arbeitsrecht September 2025
LAG München, Urteil vom 20. August 2025 - 10 SLa 2/25
Mit Entscheidung vom 20. August 2025 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München entschieden, dass der gesetzliche Sonderkündigungsschutz für Betriebswahlinitiatoren in der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG nicht greift.
Sachverhalt
Der Kläger war als Sicherheitsmitarbeiter bei der Beklagten angestellt. Sechs Tage nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ließ er seine Absicht, einen Betriebsrat zu gründen, notariell beglaubigen. Nachdem der Kläger der Beklagten seine Absicht mitteilte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage und berief sich auf mehrere Unwirksamkeitsgründe, unter anderem – allerdings erst sechs Monate nach Ausspruch der Kündigung – auf den Sonderkündigungsschutz für Initiatoren einer Betriebsratswahl nach § 15 Abs. 3 lit. b KSchG.
Erstinstanzlich hatte das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage stattgegeben und diese Entscheidung mit dem Sonderkündigungsschutz für Vorfeldinitiatoren einer Betriebsratswahl gemäß § 15 Abs. 3 lit. b KSchG begründet.
Entscheidungsgründe
Das LAG München hob die erstinstanzliche Entscheidung hingegen auf und wies die Klage ab. Nach Auffassung des LAG ergibt die Auslegung der Vorschrift, dass der besondere Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3 lit. b KSchG erst nach Ablauf der sechsmonatigen Frist nach § 1 Abs. 1 KSchG greift.
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass der Kläger sich zu spät auf den Kündigungsschutz als Wahlinitiator berufen habe und den Sonderkündigungsschutz insofern verwirkt habe. Er hätte die Beklagte innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung, jedenfalls spätestens drei Monate nach Abgabe der notariellen Absichtserklärung darauf hinweisen müssen, dass die Voraussetzungen des Sonderkündigungsschutzes nach § 15 Abs. 3 lit. b KSchG vorliegen.
Das LAG hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht den Fall ebenfalls so beurteilen wird.
Praxistipp
Die Entscheidung des LAG München liefert wichtige Orientierungshilfen für die Anwendung der erst 2021 im Rahmen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes eingeführten Regelung des § 15 Abs. 3 lit. b KSchG.
Für den Arbeitgeber gilt vor dem Hintergrund dieser Entscheidung: Auch die Absicht eines Mitarbeiters, einen Betriebsrat zu gründen, steht den erleichterten Beendigungsmöglichkeiten in der Probezeit nicht entgegen; der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 lit. b KSchG greift erst, wenn der zeitliche Anwendungsbereich des KSchG eröffnet ist.
Zu beachten ist allerdings, dass die Kündigung keinesfalls wegen der Gründungsinitiative erfolgen darf. Gemäß § 20 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) darf der Arbeitgeber eine Betriebsratswahl nicht behindern.
Sofern eine Betriebsratsgründung im Raum steht, ist es daher ratsam, rechtzeitig rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.