02.08.2022Fachbeitrag

Update Compliance 17/2022

Keine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern in der Maskenaffäre

Der Bundesgerichtshof hat in der Maskenaffäre mit Beschluss vom 5. Juli 2022 die Beschwerden der Generalstaatsanwaltschaft München gegen drei Beschlüsse des Oberlandesgerichts München verworfen. Das Oberlandesgericht hatte Haft- und Vermögensarrestanordnungen der Ermittlungsrichter beim Oberlandesgericht verworfen. Diese Anordnungen waren wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit bzw. Bestechung von Mandatsträgern (§ 108e StGB) ergangen.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das den drei Beschuldigten vorgeworfene Verhalten nicht als Bestechlichkeit von Abgeordneten nach § 108e Abs. 1 StGB (Beschuldigter N. als Mitglied des Deutschen Bundestages und Beschuldigter S. als Mitglied des Bayerischen Landtages) respektive Bestechung von Abgeordneten (Beschuldigter L.) strafbar sei (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2022 – StB 7-9/22).

Der BGH begründete seine Entscheidung wie folgt:

Die Tatbestände des § 108e Abs. 1 und 2 StGB setzen unter anderem eine (erstrebte bzw. getroffene) Unrechtsvereinbarung zwischen dem Bestechenden und dem bestochenen Parlamentsmitglied mit dem Inhalt voraus, dass dieses „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornimmt oder unterlässt.

Unter dem Merkmal „Wahrnehmung seines Mandates“ sei zu verstehen, dass nur die Mandatstätigkeit als solche erfasst sei, nämlich das Wirken im Parlament, mithin im Plenum, in den Ausschüssen oder sonstigen parlamentarischen Gremien einschließlich der Fraktionen oder in mit Abgeordneten besetzten Kommissionen.

Dies ergebe sich aus dem Wortlaut, dem systematischen Kontext und dem Sinn und Zweck des § 108e StGB. Der Gesetzgeber habe ausweislich der Gesetzesbegründung bewusst davon abgesehen, außerparlamentarische Betätigungen des Mandatsträgers zu erfassen.

Im konkreten Fall hätten die Beteiligten nur vereinbart, dass sich der Mandatsträger bei außerparlamentarischen Betätigungen auf seinen Status berufe, um im Interesse eines Privatunternehmers Behördenentscheidungen zu beeinflussen. Solch eine Vereinbarung erfülle jedoch nicht die Voraussetzung „Wahrnehmung des Mandats“. Genauso wenig genüge die Tatsache, dass die Parlamentsmitglieder die in dieser Funktion geknüpften Beziehungen zu Entscheidungsträgern der Exekutive dazu ausgenutzt oder sich seiner Amtsausstattung bedient hätten.

Praxishinweis:

Deutschland stand jahrelang in der internationalen Kritik, weil es sich geweigert hatte, die UN-Konvention gegen Korruption und das Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates zu ratifizieren. Dort ist jeweils die Bestrafung der Bestechung von Mandatsträgern vorgesehen, die in Deutschland nur sehr eingeschränkt bestand. Bestraft wurde nur der sog. „Stimmenkauf“, also der "Kauf" eines bestimmten Abstimmungsverhaltens in einem deutschen Parlament.

Initiativen, den Straftatbestand zu erweitern, scheiterten bis 2015 (siehe Update Compliance Nr. 107): Dann wurde § 108e StGB geringfügig erweitert. Seitdem genügt für die Strafbarkeit, dass der Mandatsträger einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung für eine Handlung oder Weisung im Rahmen seines Mandats annimmt. Spiegelbildlich wird auch der Käufer der Handlung bestraft. Strafbar ist seit 2015 mithin nicht nur der „Stimmen(ver)kauf", sondern der Verkauf jedweder Handlung im Rahmen des Mandats.

Mit der Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung (siehe Update Compliance Nr. 168)  im Jahr 2015 entfiel die Privilegierung von Mandatsträgern gegenüber Amtsträgern im deutschen Korruptionsrecht. Im Unterschied zur vorherigen Regelung ist damit nicht nur der „Stimmenkauf“ erfasst, sondern der „Kauf“ jeglichen bestimmten Verhaltens, das immerhin aber im Zusammenhang mit dem Mandat stehen muss. Spiegelbildlich wird auch derjenige bestraft, der dem Mandatsträger den Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.

Unter den Mandatsträgerbegriff fallen nicht nur Abgeordnete des Bundes- und der Landtage, sondern u.a. auch Ratsmitglieder, Mitglieder der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments und der Gesetzgebungsorgane ausländischer Staaten.

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