24.11.2025 Fachbeitrag

Was ist bei der leistungsbezogenen bzw. erfolgsabhängigen Vergütung von Betriebsratsmitgliedern zu beachten?

Beitragsreihe zum rechtssicheren Umgang des Arbeitgebers mit dem Thema Betriebsratsvergütung – 3

Betriebsräte sind für die Durchführung ihrer Betriebsratsaufgaben von der Erbringung der eigentlichen Arbeitsleistung freizustellen, ohne dass eine Nacharbeit erfolgen müsste. Dies bereitet häufig Schwierigkeiten bei der Berechnung bzw. Feststellung einer leistungsbezogenen Vergütung, die neben der Grundvergütung gewährt wird. Denn in diesen Freistellungszeiträumen, die sich im Voraus nicht kalkulieren lassen, ist es Betriebsräten nicht möglich, die Erreichung von Zielen zu beeinflussen. Da (vorübergehend) gerade keine Arbeitsleistung erfolgt, hilft der gesetzliche Ausgangspunkt, dass sich das Entgelt über die Arbeitszeit bestimmt, in diesen Fällen nicht unmittelbar weiter.

Vermeintlich pragmatische Lösungen, wie beispielsweise ein Rückgriff auf vergangene durchschnittliche Zielerreichungen aus Zeiten, in denen das Betriebsratsmitglied noch vollständig einer betrieblichen Tätigkeit nachgegangen ist, sowie die Heranziehung von (Durchschnitts-)Werten anderer Arbeitnehmer oder Hochrechnungen sind risikobehaftet. Denn eine Vergütung, die über das arbeits- oder tarifvertraglich geschuldete Entgelt hinausgeht oder dahinter zurückbleibt, verstößt gegen das Benachteiligungs- bzw. das Begünstigungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG. Schließlich beinhalten die Verbote des § 78 S. 2 BetrVG eine strafrechtliche Relevanz. 

I. Ausgangspunkt: Entgeltausfallprinzip

Auch für die Frage der „richtigen“ Bestimmung der leistungsbezogenen Vergütung ist Ausgangspunkt stets § 37 Abs. 2 BetrVG, wonach die Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten „ohne Minderung des Arbeitsentgelts“ einhergeht. Danach gilt das Entgeltausfallprinzip, welches darauf abstellt, welchen Betrag der Arbeitnehmer während des Arbeitsausfalls hypothetisch verdient hätte. Es ist also vom Referenzprinzip abzugrenzen, bei dem die Vergütung anhand bestimmter Faktoren aus der Vergangenheit berechnet wird.

Eine Berechnung der geschuldeten Vergütung anhand des Entgeltausfallprinzips erfordert eine hypothetische Betrachtung: Das Betriebsratsmitglied hat Anspruch auf das Entgelt, welches es ohne Arbeitsbefreiung für die Betriebsratstätigkeit erzielt hätte. Dieser Grundsatz gilt nicht nur bei vollständig freigestellten Betriebsratsmitgliedern, sondern ebenso bei einer teilweisen Arbeitsbefreiung.

Das Entgeltausfallprinzip bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten, wenn die Vergütung vorrangig von der Leistung des Betriebsratsmitglieds abhängt und ein Zusammenhang zur investierten Arbeitszeit nicht unmittelbar feststellbar ist. Solche Vergütungsbestandteile, die nicht von der Arbeitszeit abhängen, sondern vorrangig vom jeweiligen Leistungserfolg, hatte der Gesetzgeber bei der ursprünglichen Gesetzesformulierung nicht vor Augen. Auch bei späteren Anpassungen wurde dieser Aspekt nicht aufgegriffen.

II. Berechnungsoptionen

Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Umgang mit leistungsabhängiger Vergütung im Rahmen von § 37 Abs. 2 BetrVG fehlt bislang weitestgehend. Das Bundesarbeitsgericht hatte im Jahr 2015 einige wenige Leitplanken für die Berechnung eines umsatzabhängigen Jahresbonus benannt (7 AZR 123/13), den Einzelfall aber zur weiteren Behandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. In der Literatur werden verschiedene Berechnungsmethoden diskutiert, wobei alle Ansätze ihre (rechtlichen) Stärken und Schwächen haben. 

1. Orientierung am EFZG

Eine diskutierte Orientierung an den Grundsätzen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leidet bereits daran, dass Erkrankungen zumeist tage- oder wochenweise erfolgen, während bei Betriebsräten eher stundenweise Abwesenheiten an einzelnen Arbeitstagen vorliegen. Zudem verfolgt die Entgeltfortzahlung als Maßnahme zur Sicherung des Lebensunterhalts eine andere Zielrichtung als § 37 Abs. 2 BetrVG. 

Beim Entgeltfortzahlungsanspruch ist es nur bedingt möglich, der Verdienstberechnung den durchschnittlich erzielbaren Verdienst in der maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zu Grunde zu legen. Bei Provisionsgeschäften orientiert sich das Bundesarbeitsgericht am Durchschnittsverdienst in einem bestimmten Bezugszeitraum, der abhängig von der Häufigkeit der vergütungsrelevanten Sachverhalte entsprechend längerfristig gewählt werden muss. Bei Zielvereinbarungen, deren Ziele unabhängig von der Arbeitszeit vereinbart werden, soll eine Anpassung der Zielvereinbarung erfolgen, wobei die Berechnung der Kürzung, wenn die Ziele unabhängig von der Arbeitszeit definiert werden, unklar bleibt. Eine anteilige Kürzung von Zielen kann bei wechselndem Arbeitsaufkommen oder, wenn die Erfüllung eines Zielerreichungsgrads nicht nur von der Arbeitsleistung, sondern auch von anderen Faktoren bestimmt wird, zu unzulässigen Ergebnissen führen. Wenn beispielsweise Betriebsräte aufgrund ihres Amtes im umsatzstärksten Monat selbst keine Arbeitsleistung erbringen, wäre eine Kürzung der Ziele um 1/12-tel unbillig, wenn andere Arbeitnehmer genau in diesem Monat einen Großteil der Jahresziele erreichen.

2. Rückblick in die Vergangenheit / Orientierung am BUrlG

Ein Rückgriff auf die Verdienste des Betriebsratsmitglieds in der Vergangenheit kann bei schwankenden oder saisonalen Besonderheiten ebenso schnell zu benachteiligenden oder begünstigenden Ergebnissen führen.

Dementsprechend liefert auch eine Orientierung am BUrlG keine rechtlich einwandfreien Ergebnisse. Denn das Urlaubsentgelt bemisst sich gemäß § 11 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt, welches in den dreizehn Wochen vor dem Urlaub erzielt wurde. Wenn Betriebsräte ihre Amtsaufgaben in einen vertriebsschwachen Zeitraum nach einer Hochphase (etwa dem Weihnachtsgeschäft) legen, könnten sie sich hiernach unzulässige Vorteile verschaffen.

3. Schätzung entsprechend § 287 ZPO

Ein arbeitsgerichtliches Schätzungsrecht nach § 287 ZPO käme erst zum Tragen, wenn die vorherige Vergütungsbestimmung/-berechnung des Arbeitgebers gerichtlich überprüft werden würde. Dies ist gerade zu vermeiden. Eine bloße Schätzung der leistungsabhängigen Vergütung von Betriebsräten durch den Arbeitgeber, ggf. sogar mit Einbeziehung des Betriebsrats, hätte unmittelbar zur Folge, dass eine Besorgnis der Benachteiligung oder Begünstigung vorliegt.

4. Heranziehung des § 37 Abs. 4 BetrVG

Im Ergebnis sollten Arbeitgeber deshalb die Bestimmung oder Berechnung der variablen Vergütung von Betriebsratsmitgliedern unter Berücksichtigung des Arbeitsausfalls anhand der individuellen Arbeitsleistung sowie unter Berücksichtigung der Durchschnittleistungen der jeweiligen Vergleichsgruppe vornehmen. Dies ist auch entsprechend zu dokumentieren, um das gefundene Ergebnis nachvollziehbar begründen zu können. Es empfiehlt sich bereits unterjährig Feststellungen zu den Zielerreichungen und Vergleichsbetrachtungen vorzunehmen. Eine nachträgliche Betrachtung erst gegen Ende eines Jahres kann zu ungenauen Ergebnissen führen.

Bei nicht vollständig freigestellten Betriebsräten haben Arbeitgeber hingegen auch die noch zeitweise erbrachte Arbeitsleistung mit zu berücksichtigen. Sie müssen sich mit den Ergebnissen der einzelnen Betriebsräte auseinandersetzen und diese den Ergebnissen der jeweiligen Vergleichsgruppe gegenüberstellen. Eine bloße Betrachtung der jeweiligen Vergleichsgruppe genügt nicht.

III. Zusammenfassung und Praxishinweise

Eine von der Rechtsprechung bestätigte Berechnungsmethode für variable Vergütungen von Betriebsräten, die aufgrund ihres Amtes ihre Arbeitsleistung gar nicht oder nur noch teilweise erbringen, gibt es nicht. In jedem Einzelfall sind die konkreten Besonderheiten, die sich aus dem anzuwendenden System der variablen Vergütung (Provision, Zielvorgabe, Zielvereinbarung, usw.) und der jeweiligen Tätigkeit ergeben, zu berücksichtigen und die jeweilige Entscheidungsfindung sorgsam zu dokumentieren.

Arbeitgebern ist anzuraten, die Herleitung der variablen Vergütung und etwaige Abwägungsentscheidungen so zu dokumentieren, dass sie objektiv nachvollziehbar sind und die sachlichen Erwägungsgründe wiedergeben. Nur so können Arbeitgeber dem Verdacht einer Begünstigung oder Benachteiligung entgegentreten, zumal nicht für jeden Fall unterstellt werden kann, dass ein Betriebsratsmitglied ohne sein Amt in jedem Fall zusätzliche Ziele erreicht oder höhere Umsätze generiert hätte. 

Entsprechendes gilt im Übrigen auch, wenn variable Vergütungen auf Team- oder Abteilungsergebnisse abstellen und einzelne Abteilungen besonders viele Betriebsratsmitglieder aufweisen. Wenn hierdurch die Zielerreichung oder die Umsatzzahlen beeinflusst wurden, können Korrekturen bei der Leistungsbemessung erforderlich werden.

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