28.11.2025 Fachbeitrag

Zulässigkeit einer Probezeitkündigung im befristeten Arbeitsverhältnis

Update Arbeitsrecht November 2025

In einer aktuellen Entscheidung hat das BAG klargestellt, dass es für die Bestimmung der zulässigen Dauer einer Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis keinen Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung gibt. Stattdessen kommt es stets auf eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit an.

Sachverhalt

Die Klägerin war bei der beklagten Arbeitgeberin seit dem 22. August 2022 als Advisor I Customer Service beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war auf ein Jahr befristet. Der Arbeitsvertrag sah eine viermonatige Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist und nach Ablauf der Probezeit die ordentliche Kündbarkeit mit den gesetzlichen Fristen vor.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2022 kündigte die Arbeitgeberin noch innerhalb der viermonatigen Probezeit unter Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungsfrist. Die Arbeitnehmerin griff die Kündigung gerichtlich an. Sie hielt die Probezeit für unverhältnismäßig lang; die Kündigung sei daher frühestens unter Einhaltung der ordentlichen vierwöchigen Kündigungsfrist zum 15. Januar 2023 möglich gewesen. Weiter entfalle aufgrund der unwirksamen Vereinbarung über die Probezeit die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung insgesamt. Zudem bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur so lang sein könne, wie eine zulässig vereinbarte verhältnismäßige Probezeit, die vorliegend mit drei Monaten anzusetzen sei.

Das LAG Berlin-Brandenburg ging mit der Klägerin davon aus, dass die viermonatige Probezeit in dem auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis unverhältnismäßig lang und deren Vereinbarung daher unwirksam sei. Das LAG wandte dabei einen „Regelwert“ von 25 Prozent der Dauer der Befristung als Maßstab für die Verhältnismäßigkeit der Probezeitdauer an, sodass die Probezeit lediglich drei Monate hätte betragen dürfen. Gleichwohl hielt das LAG die ordentliche Kündigung für möglich und die Kündigung für wirksam, aber nur unter Einhaltung der ordentlichen vierwöchigen Kündigungsfrist zum 15. Januar 2023.

Entscheidungsgründe

Das BAG hat mit bisher nur als Pressemitteilung vorliegendem Urteil vom 30. Oktober 2025 – 2 AZR 160/24 die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat entschieden, dass es für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit einer Probezeitdauer im befristeten Arbeitsverhältnis i.S.v. § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) keinen Regelwert gibt. Vielmehr ist stets eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Da der Arbeitgeber vorliegend darlegen konnte, dass für den produktiven Einsatz der Klägerin eine intensive Einarbeitung in drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen erforderlich ist, hat der Senat im vorliegenden Einzelfall die vereinbarte viermonatige Probezeit als verhältnismäßig angesehen. Zudem verneint das BAG – in Übereinstimmung mit dem LAG – eine Verknüpfung zwischen einer etwaigen unverhältnismäßig langen Probezeit und der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG: Die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten als eine der Voraussetzungen für das Eingreifen des allgemeinen Kündigungsschutzes werde nicht durch eine unverhältnismäßig lange und deshalb unzulässige Probezeitdauer verkürzt. Eine soziale Rechtfertigung der Kündigung war daher vor Ablauf von sechs Monaten nicht erforderlich.

Praxishinweis

§ 15 Abs. 3 TzBfG wurde erst mit Wirkung zum 1. August 2022 in das Gesetz eingefügt und bereitet in der Praxis Anwendungsschwierigkeiten. Obwohl der Wortlaut des Gesetzes kein starres Verhältnis von Befristungs- und Probezeitdauer festlegt, sondern die Berücksichtigung individueller Umstände nahelegt, hatte die Instanz-Rechtsprechung begonnen, generalisierende Maßstäbe zu bilden. Dem hat das BAG nun einen klaren Riegel vorgeschoben.

Für die Praxis macht es das nicht einfacher, denn für die Vertragsgestaltung von befristeten Arbeitsverträgen folgt daraus:

  • Die Dauer der Probezeit muss unter Berücksichtigung der Einarbeitungszeit sowie der Komplexität und der Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen der betreffenden Tätigkeit bemessen werden und entsprechend plausibel sein.
  • Das Einarbeitungskonzept und dessen zeitliche Komponenten sollten bei Vertragsschluss schriftlich dokumentiert werden.
  • Die Vereinbarung der Probezeit und ihrer Dauer sollte in einem eigenen Absatz, getrennt von der Vereinbarung der ordentlichen Kündbarkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses erfolgen. Auf diese Weise kann voraussichtlich sichergestellt werden, dass selbst bei unverhältnismäßiger und damit unwirksamer Probezeitdauer die Möglichkeit der ordentlichen Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nicht angezweifelt wird. Dies ist wichtig, da nach der gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 4 TzBfG ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich kündbar ist, wenn die ordentliche Kündbarkeit vereinbart wurde. Dann hat die unwirksame Probezeitvereinbarung nur Auswirkung auf die Länge der Kündigungsfrist, weil dann nicht die verkürzte Probezeitkündigungsfrist von zwei Wochen, sondern jedenfalls die gesetzliche Mindestkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder Monatsende (bzw. die ggf. vertraglich vereinbarte längere ordentliche Kündigungsfrist) anzuwenden ist.
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