30.09.2019Fachbeitrag

Update Employment Law October 2019

Auswirkungen eines No-Deal-Brexits für britische Arbeitnehmer in Deutschland

Nachdem der Brexit schon mehrfach verschoben wurde, läuft nun die nächste Frist am 31. Oktober 2019 ab. Mit dem neuen Premierminister wird es jeden Tag wahrscheinlicher, dass das Vereinigte Königreich aus der EU austritt, ohne dass ein Austrittsabkommen in Kraft tritt. Britische Staatsbürger, welche in Deutschland leben und arbeiten, sind hiervon natürlich besonders betroffen. Gleiches gilt jedoch auch für Arbeitgeber in Deutschland, welche britische Staatsbürger beschäftigen. Schließlich müssen sich Arbeitgeber davon überzeugen, dass ihre Arbeitnehmer einen gültigen Aufenthaltstitel besitzen, welcher die Erwerbstätigkeit gestattet. Ansonsten droht dem Arbeitgeber ein Bußgeld. Im folgenden Beitrag sollen nun die verschiedenen Vorkehrungen aufgezeigt werden, die der deutsche Staat für den Fall eines No-Deal-Brexits im Aufenthaltsrecht getroffen hat. 

Inanspruchnahme der EU-Freizügigkeit in bestimmten Konstellationen

Im Falle eines No-Deal-Brexits werden britische Staatsangehörige zu Drittstaatenangehörigen. Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bedürfen sie grundsätzlich eines Aufenthaltstitels. Unproblematisch sind jedoch Konstellationen mit einer doppelten Staatsbürgerschaft, wenn der britische Staatsbürger gleichzeitig noch einen deutschen Pass oder den eines anderen EU-Mitgliedsstaates besitzt. In letzterem Fall würde der Brite von der EU-Freizügigkeitsberechtigung profitieren. Die Beantragung eines Aufenthaltstitels ist dann nicht erforderlich. Gleiches gilt z. B., wenn der Brite Ehepartner eines EU-Bürgers ist, welcher in Deutschland lebt und arbeitet. In diesem Fall würde der Brite auf Grund der Ehe von der EU-Freizügigkeitsberechtigung profitieren. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Brite mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist. In diesem Fall ist ein Aufenthaltstitel erforderlich.

Eine Übergangsperiode zur Beantragung der Aufenthaltstitel

Für den Fall eines No-Deal-Brexits am 31. Oktober 2019 soll es zunächst eine Übergangsperiode geben. Der deutsche Staat plant eine sogenannte Brexit-Aufenthaltsübergangsverordnung zu verabschieden. Diese Übergangszeit ist zunächst auf drei Monate befristet, kann jedoch für weitere sechs Monate verlängert werden. In diesem Zeitraum benötigen britische Staatsangehörige keinen Aufenthaltstitel für Deutschland. Sie dürfen wie bisher in Deutschland erwerbstätig werden. Es ist dann möglich, den erforderlichen Aufenthaltstitel zu beantragen. Bereits jetzt können sich in Deutschland lebende Briten bei der für sie zuständigen Ausländerbehörde registrieren. Eine Registrierung ist freiwillig und wird von vielen Ausländerbehörden angeboten. Es ist geplant, dass die Ausländerbehörde dann die registrierten Personen anschreibt, um ihnen Informationen und Hilfsangebote zukommen zu lassen. Eine Registrierung ist daher aus rein praktischen Gründen zu empfehlen.

Gesetz zur Überleitung der EU-Freizügigkeitsrechte

Die Bundesregierung hat bereits ein Gesetz auf den Weg gebracht, welches der Überleitung der Freizügigkeitsrechte in das Aufenthaltsrecht infolge des Brexits dient. Hierbei ist zunächst klarzustellen, dass dieses Gesetz nur Anwendung auf britische Staatsbürger findet, die bereits zum Zeitpunkt des EU-Austritts ihre Freizügigkeitsrechte in Deutschland in Anspruch genommen haben. Zudem gilt das Gesetz nur im Falle eines No-Deal-Brexits. Briten, welche sich nach dem Austritt in Deutschland niederlassen und erwerbstätig sein wollen, müssen einen Aufenthaltstitel nach bisherigem Recht beantragen. Es sollen nur britische Staatsbürger geschützt werden, welche schon vor dem Austritt in Deutschland gelebt und gearbeitet haben. Das neue Gesetz sieht Anpassungen des Aufenthaltsgesetzes vor. Dies geschieht durch einen neu eingefügten Paragraphen 101a AufenthG-neu. 

Zusätzlich soll durch Rechtsverordnung § 26 der Beschäftigungsordnung insoweit abgeändert werden, dass die Vorrangprüfung für britische Staatsbürger entfällt. Bei einer Vorrangprüfung wird bei Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Erwerbstätigkeit festgestellt, ob der Arbeitsplatz auch durch einen auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren deutschen oder EU-Staatsbürger besetzt werden könnte. 

Durch die Einführung des § 101a AufenthG-neu wird die Erteilung der Aufenthaltstitel für britische Staatsbürger modifiziert. Demnach haben Briten, welche sich bereits seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 9 AufenthG. Einschränkende Voraussetzungen zur Erteilung wie z. B. erforderliche Deutschkenntnisse oder eine gewisse Anzahl von gezahlten Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bzw. einer vergleichbaren Versorgungseinrichtung sind nicht erforderlich. Einziger Ausschließungsgrund für die Erteilung ist nunmehr eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. 

Kann der britische Staatsbürger keinen fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland vorweisen, so kommen die anderen Aufenthaltstitel nach dem AufenthG in Betracht. Für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel für britische Staatsbürger sieht § 101a AufenthG nun eine Ermessensreduktion auf null vor. Liegen die Voraussetzungen vor, hat der Antragssteller einen Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels. Für britische Staatsbürger, die nicht die Voraussetzungen für einen im AufenthG aufgeführten Aufenthaltstitel erfüllen, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach der Auffangregelung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erteilt werden. Nach dieser Norm kann in begründeten Fällen eine Aufenthaltserlaubnis auch für ein von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Auch für diesen Fall sieht § 101a AufenthG-neu nun gebundenes Ermessen vor. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist dabei zu erlauben.

Zudem müssen die Antragssteller nicht über einen vollständig gesicherten Lebensunterhalt oder ausreichenden Krankenversicherungsschutz verfügen. Normalerweise würden Drittstaatsangehörige wegen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthaltsG dann keinen Aufenthaltstitel erhalten. 

Fazit

Britische Staatsbürger werden nach einem No-Deal-Brexit gegenüber anderen Drittstaatsangehörigen privilegiert. Dies gilt jedoch nur für britische Staatsangehörige, die bereits ihr Freizügigkeitsrecht in Deutschland in Anspruch genommen haben, bevor das Vereinigte Königreich ohne Abkommen aus der EU ausscheidet. Britische Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Deutschland sind dadurch weitestgehend abgesichert und müssen sich keine Sorgen machen. Die Arbeitnehmer sollten jedoch nicht zu lange warten, sondern sich proaktiv bei der zuständigen Ausländerbehörde registrieren und rechtzeitig einen Aufenthaltstitel beantragen. Britische Staatsangehörige, welche sich jedoch erst nach dem No-Deal-Brexit in Deutschland zur Erwerbstätigkeit niederlassen wollen, benötigen einen Aufenthaltstitel wie alle anderen Drittstaatsangehörigen. 

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