EuGH: Vergleich kann Ausschreibung ersetzen
Vergabe 1543
EuGH, 07.11 2024 – C-683/22
Der öffentliche Auftraggeber muss nicht neu ausschreiben, wenn er den Konzessionsnehmer in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, Anteile auf ein Investorenkonsortium zu übertragen.
Gesellschafterwechsel durch Vergleich ohne neues Vergabeverfahren
Nach dem Einsturz der Morandi-Brücke bei Genua im August 2018 schloss der öffentliche Auftraggeber mit dem Inhaber der Autobahnkonzession einen gerichtlichen Vergleich. Der Inhaber der Autobahnkonzession hatte Wartungspflichten verletzt. Der Vergleich beinhaltete, dass der Konzessionsnehmer Anteile mehrheitlich auf ein Investorenkonsortium überträgt, 3,4 Millionen Euro zahlt und die Sicherheitsstandards erhöht. Das Besondere: Der Auftraggeber hatte kein neues Vergabeverfahren durchgeführt.
Keine wesentliche Änderung des Konzessionsvertrages
Die auferlegten Pflichten änderten die Konzessionsverträge nicht wesentlichim Sinne des EU-Vergaberechts. Demnach war kein neues Vergabeverfahren notwendig. In diesem Fall war der Auftraggeber europarechtlich auch nicht verpflichtet, die Zuverlässigkeit des Konzessionsnehmers bei dem Gesellschafterwechsel neu zu prüfen. Etwas anderes gilt bei einer entsprechenden nationalen Rechtsvorschrift oder wenn der Konzessionsnehmer das Unternehmen umstrukturiert und sich dadurch der Konzessionsnehmer ändert.
Achtung: OLG Düsseldorf, 21.07.2010 – VII-Verg 19/10
Das OLG Düsseldorf hatte in einem anderen Fall entschieden, dass der öffentliche Auftraggeber neu ausschreiben muss, wenn der Vergleichsvertrag wesentliche Merkmale des ursprünglichen Auftrags ändert. In dem Fall verlängerte der Auftraggeber mit dem Vertrag die Laufzeit der Konzession.