28.11.2025 Fachbeitrag

Fenstersprung im Homeoffice wegen explodierendem E-Scooter-Akku ist kein versicherter Arbeitsunfall

Update Arbeitsrecht November 2025

LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 09.10.2025 - L 21 U 47/23

Während ein Berliner Softwareentwickler in seiner Wohnung im 1. Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses, die er als Homeoffice nutzte, eine Telefonkonferenz abhielt, bemerkte er eine starke Rauchentwicklung, die sich vom Flur aus bis ins Wohnzimmer ausbreitete. Als er die Tür zum Flur öffnete, um die Ursache des Rauchs zu erforschen, explodierten zwei Akkus seines E-Scooters und es entstand eine Stichflamme mit erheblicher Qualm-Entwicklung. Da ihm die explodierenden Akkus den Fluchtweg aus der Wohnungstür versperrten, rettete er sich mit einem Sprung aus dem Fenster in den Innenhof, wobei er sich einen Bruch beider Füße zuzog. Die Ermittlungen der Feuerwehr ergaben, dass die Stichflamme auf einen Defekt der Akkus des E-Scooters zurückzuführen war.

In seinem Urteil vom 9. Oktober 2025 hatte sich das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit der Frage zu befassen, ob darin ein Arbeitsunfall zu sehen ist, der der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt.

Der klagende Softwareentwickler vertrat diese Auffassung und begehrte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall, während die zuständige Berufsgenossenschaft die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ablehnte. Die daraufhin erhobene Klage des Softwareentwicklers blieb in erster Instanz vor dem Sozialgericht ohne Erfolg. Gegen das klageabweisende Urteil wandte er sich im Wege der Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es folgte der Auffassung der Berufsgenossenschaft und verneinte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Der Softwareentwickler sei dementsprechend nicht gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert gewesen. Denn es bestehe keine „hinreichend enge sachliche Beziehung“, mithin kein hinreichender sachlicher Zusammenhang, zwischen dem Sprung aus dem Fenster und der beruflichen Tätigkeit des Klägers in Gestalt der durchgeführten Telefonkonferenz. Mit dem Sprung aus dem Fenster habe der Kläger vielmehr in erster Linie die Rettung seines Lebens und damit ein „überragend wichtiges privates Motiv“ verfolgt. Dem Umstand, dass der Sprung aus dem Fenster daneben auch dazu diente, seine Arbeitskraft zu erhalten, maß das Gericht eine lediglich untergeordnete Bedeutung bei.

Zwar können Unfälle im Homeoffice nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich durchaus als Arbeitsunfälle gewertet werden (vgl. BSG Urt. v.  21.3.2024 - B 2 U 14/21 R). Denn auch solche Gefahren, die von privaten Gegenständen ausgehen, können unfallversichert sein, wenn diese für die Arbeit genutzt werden. So hat das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt beispielsweise im Mai 2025 das Stürzen infolge des Verschluckens beim Kaffeetrinken im Homeoffice als versicherten Arbeitsunfall eingeordnet (vgl. LAG Sachsen-Anhalt Urt. v. 22.05.2025 - L 6 U 45/23).

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt seien der E-Scooter bzw. dessen Akkus in der Wohnung des Klägers zum Zeitpunkt des Schadenseintritts jedoch gerade nicht zum Zwecke der beruflichen Tätigkeit und damit „betriebsdienlich“ genutzt worden. Denn weder der E-Scooter noch dessen Akkus dienten der Abhaltung der Telefonkonferenz, mit der der Kläger zum Zeitpunkt der Explosion dienstlich beschäftigt war. Unerheblich sei, dass der Kläger seinen E-Scooter auch dazu genutzt habe, um an Bürotagen zur Arbeit zu fahren.

Das Urteil fügt sich in die bisherige sozialgerichtliche Rechtsprechung ein, wonach ein Arbeitsunfall nur dann vorliege, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Verrichtung einer dienstlichen Tätigkeit besteht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und der Volltext liegt noch nicht vor. Aufgrund des praxisnahen Sachverhalts bleibt die Veröffentlichung der vollständigen Entscheidungsgründe mit Spannung abzuwarten.

Als PDF herunterladen

Ansprechpartner

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.