28.01.2022FachbeitragCorona

Update Arbeitsrecht Januar 2022

Quarantäneanordnung gegenüber Profifußballspielern - Entschädigungsansprüche für den Verein?

OLG Hamm vom 29. Oktober 2021 – 11 U 60/21

„Vereine“ bzw. Clubs als Arbeitgeber von Profifußballspielern haben jedenfalls dann keinen Entschädigungsanspruch aus § 56 IfSG, wenn dem Profifußballspieler für die Zeit einer häuslichen Quarantäne ein vertraglicher oder gesetzlicher Vergütungsanspruch gegen den Verein zustand.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Betreiberin der Lizenzspielerabteilung des SC Paderborn 07. Zwischen der Klägerin und dem Profifußballspieler besteht ein bis Juni 2022 gültiger Lizenzspielervertrag. Das Gesundheitsamt hatte für den Profifußballspieler vom 13. März 2020 bis zum 27. März 2020 eine Absonderungsverfügung nach §§ 16 Abs. 1 i.V.m. 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG ausgesprochen. Diese fiel in die Zeit der Aussetzung des gewöhnlichen Spiel- und Trainingsbetriebs, die die Bundesliga auf Empfehlung der DFL vornahm. Während dieser Zeit zahlte die Klägerin dem Profifußballspieler Gehalt und führte Rentenversicherungsbeiträge ab.

In der Folge verlangte die Klägerin nach § 56 IfSG die Erstattung der Vergütung und Rentenversicherungsbeiträge, die sie an den Profifußballspieler bzw. die Rentenversicherung gezahlt hatte. Das lehnte das beklagte Land Nordrhein-Westfalen mit der Begründung ab, nicht die Maßnahme des Gesundheitsamtes sei für den Verdienstausfall kausal, sondern wegen der „freiwilligen“ Aussetzung des Spiel- und Trainingsbetriebs habe ein Vergütungsanspruch gegen den Club bestanden.

Entscheidung

Nachdem der Verein erstinstanzlich noch obsiegt hatte, hat das OLG Hamm mit Urteil vom 29. Oktober 2021 (11 U 60/21) auf die Berufung des beklagten Landes die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. 

Das OLG Hamm ist der Auffassung, dass – wie auch außerhalb des Profifußballs – der Entschädigungsanspruch aus § 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG i.V.m. §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 56 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 IfSG voraussetzt, dass dem Profifußballspieler für die Zeit der häuslichen Quarantäne ein Verdienstausfall entstanden ist, weil diesem kein vertraglicher oder gesetzlicher Vergütungsanspruch gegen den Club zugestanden habe. 

Im vorliegenden Einzelfall hat es die Auffassung vertreten, dass die Klägerin nicht den ihr obliegenden Beweis dafür erbringen habe können, dass dem Profifußballspieler im Zeitraum der Quarantäneanordnung keine verbindlichen, für die Annahme einer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung ausreichenden Trainingsvorgaben gemacht worden seien bzw. dies nicht möglich gewesen sei. Insofern geht das OLG Hamm von der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung und einem damit einhergehenden, vertraglich vereinbarten Vergütungsanspruch aus. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Profifußballspieler während der Quarantänezeit seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht erbringen konnte, hätte ihm nach Auffassung des OLG Hamm ein Anspruch gegen die Klägerin auf Fortzahlung seines Gehaltes aus § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB oder aber jedenfalls aus § 616 Satz 1 BGB zugestanden. Demnach sei auch die Ursache der Absonderungsverfügung wegen des positiv getesteten Mitspielers betriebsbezogen und das Risiko insofern vom Club zu tragen.

Daher fehle es an den Voraussetzungen eines der Höhe nach gesetzlich nicht begrenzten Entschädigungsanspruchs.

Praxistipp

Wenngleich die Frist zur Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gegenüber der zuständigen Behörde gemäß § 56 Abs. 11 Satz 1 IfSG zwei Jahre ab Beendigung der Quarantäne beträgt, dürften aufgrund der Entscheidung des OLG Hamm nur wenige Clubs (noch) versuchen, einen Entschädigungsanspruch durchzusetzen. 

Diese Zurückhaltung ist jedoch nicht geboten, insbesondere wenn der Club – anders als die Klägerin im vorliegenden Verfahren – seiner Darlegungs- und Beweislast mit Blick auf die unmögliche Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung des Profifußballspielers in der häuslichen Quarantäne nachkommen und damit den Verdienstausfall darlegen kann. Insofern verwundert das OLG Hamm mit seiner wenig lebensnahen Betrachtung der Trainingsarbeit eines Fußballprofis – es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein sich in häuslicher Quarantäne befindlicher Profifußballspieler jedenfalls wesentliche Teile seiner Arbeitsleistung nicht erbringen kann, selbst wenn man den Spiel- und regulären (Mannschafts-) Trainingsbetrieb ausklammert. Dem kommt nach unserer Auffassung eine erhebliche Bedeutung zu und kann eine Abweichung von der Entscheidung des OLG Hamm rechtfertigen. Maßgeblich hinzu tritt für das OLG Hamm nämlich der Umstand, dass in dem entschiedenen Fall der Trainings- und Spielbetrieb zu dieser Zeit ohnehin eingestellt war. Dies ist jedoch – momentan – nicht mehr der Fall und wird hoffentlich auch so bleiben.

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