30.09.2025 Fachbeitrag

Referenzzeitraum bei Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs

Update Arbeitsrecht September 2025

BAG – 3. Juni 2025, 9 AZR 137/24

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 3. Juni 2025 ein wichtiges Urteil zur Berechnung der Urlaubsabgeltung gefällt. Die Entscheidung betrifft Arbeitnehmer, die längere Zeit unverschuldet abwesend waren, zum Beispiel wegen Krankheit oder weil sie eine volle Erwerbsminderungsrente bezogen haben. Das Urteil klärt, wie der finanzielle Ausgleich für nicht genommenen Urlaub in einem solchen Fall zu berechnen ist.

Hintergrund des Falls

Eine Arbeitnehmerin war seit Dezember 2012 bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Sie arbeitete sechs Stunden täglich an fünf Tagen pro Woche und hatte einen jährlichen Urlaubsanspruch von 26 Tagen. Im Jahr 2018 war sie ab Dezember arbeitsunfähig krank und bezog ab Oktober 2019 eine volle Erwerbsminderungsrente. Das Arbeitsverhältnis endete im Mai 2022. Die Arbeitnehmerin hatte noch Resturlaub aus dem Jahr 2018, den sie wegen ihrer Krankheit und späteren Erwerbsminderungsrente nicht nehmen konnte. Sie verlangte vom Arbeitgeber eine finanzielle Abgeltung für diese Urlaubstage.

Streitpunkt war in der Revision, wie hoch diese Urlaubsabgeltung ausfallen sollte. Der Arbeitgeber war der Meinung, dass für die Berechnung nur der Verdienst in den letzten 13 Wochen, in denen die Arbeitnehmerin tatsächlich eine Arbeitsvergütung erhalten habe, zählen dürfe. Die Arbeitnehmerin hingegen forderte, dass der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (2022) geltende Mindestlohn für die Berechnung herangezogen werden müsse.

Rechtliche Grundlagen

Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt, dass Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann, abzugelten ist (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Die Höhe der Abgeltung richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs (§ 11 Abs. 1 BUrlG). Dabei dürfen Verdienstkürzungen, die durch unverschuldete Fehlzeiten wie Krankheit oder Rente wegen voller Erwerbsminderung entstehen, nicht zu einer Minderung des Anspruchs führen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG).

Kernaussagen des Urteils

Das BAG hat klargestellt, dass bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung das „gewöhnliche Arbeitsentgelt“ zugrunde zu legen ist. Der Arbeitnehmer soll ein Entgelt erhalten, das mit der Vergütung für Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist.

Das bedeutet: Auch wenn der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Ende des Arbeitsverhältnisses nicht gearbeitet hat, weil er zum Beispiel krank war oder eine Erwerbsminderungsrente bezogen hat, wird so gerechnet, als hätte er normal gearbeitet.

Das Gericht betonte, dass auch Zeiten, in denen der Arbeitnehmer eine volle Erwerbsminderungsrente bezieht, als unverschuldete Fehlzeiten gelten. Die Inanspruchnahme einer solchen Rente ist keine schuldhafte Arbeitsversäumnis, sondern beruht auf Krankheit oder Behinderung. Deshalb darf der Arbeitgeber den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht kürzen.

Für die Berechnung der Höhe der Urlaubsabgeltung ist daher der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltende Mindestlohn maßgeblich, sofern keine höheren vertraglichen Ansprüche bestehen.

Im vorliegenden Fall bedeutete das: Die Arbeitnehmerin hatte Anspruch auf die Auszahlung von 16 Urlaubstagen, berechnet mit dem Mindestlohn von 9,82 Euro pro Stunde, der im Jahr 2022 galt. Da sie an jedem Arbeitstag sechs Stunden gearbeitet hätte, ergab sich ein Tagessatz von 58,92 Euro brutto. Insgesamt musste der Arbeitgeber 942,72 Euro brutto für die 16 Urlaubstage zahlen.

Praktische Bedeutung

Das Urteil ist besonders relevant für Arbeitnehmer, die längere Zeit krank oder aus anderen unverschuldeten Gründen abwesend waren und deren Arbeitsverhältnis endet, bevor sie ihren Urlaub nehmen konnten. Es schützt sie davor, dass ihr Urlaubsabgeltungsanspruch durch die Fehlzeiten faktisch gemindert wird. Arbeitgeber müssen bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung so tun, als hätte der Arbeitnehmer im Referenzzeitraum normal gearbeitet und entsprechend verdient (bei unverschuldeten Fehlzeiten).

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