14.07.2017Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Juli 2017

Vertrauensentzug gegenüber Vorstandsmitgliedern in der AG

Der Hauptversammlungsbeschluss einer AG, einem Vorstandsmitglied das Vertrauen zu entziehen, stellt einen wichtigen Grund zur Abberufung dar. Der BGH hat nun klargestellt, dass es auf die dem Vertrauensentzug zugrunde liegenden Umstände nicht maßgeblich ankommt. Das gelte auch, wenn sich die Gründe für den Vertrauensentzug als nicht zutreffend erweisen.

Der Aufsichtsrat einer AG kann die Bestellung eines Vorstandsmitglieds gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG widerrufen, wenn hierfür ein wichtiger Grund besteht. Ein solcher Grund ist gemäß § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG unter anderem im Falle eines Vertrauensentzugs durch die Hauptversammlung gegeben, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unrichtigen Gründen entzogen worden ist. Der BGH hat diese gesetzlichen Vorgaben nun in seinem Urteil vom 15. November 2016 konkretisiert.

Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Fall wurde dem Vorstand in einer außerordentlichen Hauptversammlung das Vertrauen entzogen. Der Vorstand hatte in die Angebotsunterlagen der AG im Zusammenhang mit dem Bau eines Großflughafens bestimmte Informationen nicht aufgenommen. Noch am Tag der Hauptversammlung beschloss der Aufsichtsrat den Widerruf der Vorstandsbestellung. Der Vorstand reichte gegen den Abberufungsbeschluss Feststellungsklage mit der Begründung ein, dass der Widerruf unsachlich und ohne Nennung konkreter Gründe willkürlich sei.

Zurückverweisung durch den BGH

Der BGH hat das Verfahren in der Revisionsinstanz zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung führt der BGH aus, dass ein Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung nicht schon dann offenbar unsachlich oder willkürlich sei, wenn sich die Gründe für den Vertrauensentzug als nicht zutreffend erweisen. Der wichtige Grund für den Bestellungswiderruf liege vielmehr allein in der Tatsache des Vertrauensentzugs durch die Hauptversammlung. Dies wiederum erfordere weder ein pflichtwidriges, noch ein schuldhaftes Vorstandsverhalten.

Gelange die Hauptversammlung zu der Auffassung, dass ein Vorstand wegen bestimmter Vorgänge nicht mehr tragbar sei, lasse sich dem darauf beruhenden Vertrauensentzug auch dann nicht die Bedeutung eines wichtigen Grundes gemäß des Ausschlusstatbestands des 84 Abs. 3 2 Alt. 3 AktG absprechen, wenn dem Vorstandsmitglied kein Vorwurf zu machen war.

Ausschluss des Widerrufs nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit

Der BGH verweist auf den Wortlaut der Norm, wonach der Widerruf einer Bestellung wegen Vertrauensentzugs ausnahmsweise nur dann ausscheide, wenn dieser Entzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt sei. Dies sei nur im Falle eines rechtswidrigen, etwa willkürlichen sitten- bzw. treuwidrigen, Entzugs des Vertrauens der Fall. Für den Beweis dieses Ausnahmetatbestandes sei wiederum das betroffene Vorstandsmitglied beweispflichtig. Der Vertrauensentzug sei allerdings nach Auffassung des BGH schon dann nicht willkürlich, wenn die Hauptversammlung ohne Willkür (irrtümlich) davon ausgehen durfte, dass sachliche Gründe für den Vertrauensentzug vorliegen.

Keine Begründung erforderlich

Der BGH bestätigte zudem, dass ein Hauptversammlungsbeschluss, mit welchem einem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzogen wird, keiner Begründung bedarf. Zur Begründung wird auf die Grundregel verwiesen, dass ein Hauptversammlungsbeschluss grundsätzlich keiner Begründung bedarf. Dem Wortlaut des § 84 Abs. 3 AktG lasse sich insofern auch keine diesbezügliche Ausnahme entnehmen.

Anhörung des Vorstands nicht erforderlich

Auch eine vorherige Anhörung des Vorstands sei nach Ansicht des BGH keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Widerruf der Vorstandsbestellung. Insbesondere fänden die arbeitsrechtlichen Rechtsprechungsgrundsätze zur Verdachtskündigung keine Anwendung auf den Bestellungswiderruf, wenn dieser nicht wegen dem Verdacht einer Straftat, sondern allgemein aufgrund nicht länger bestehendem Vertrauen in das Vorstandsmitglied erfolgt.

Fazit

Der BGH präzisiert mit dieser Entscheidung die Grundsätze für den Widerruf einer Vorstandsbestellung wegen Vertrauensentzugs und schafft damit mehr Rechtssicherheit. Im Fokus dieser Entscheidung steht die Auffassung des BGH, dass ein bestehendes Vertrauensverhältnis essentiell für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Organen einer AG ist. Entzieht die Hauptversammlung dem Vorstand dieses Vertrauen, unterliegt diese Entscheidung keinem Begründungszwang. Auch eine vorherige Anhörung des Vorstands ist nicht erforderlich.

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