30.10.2020Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Oktober 2020

Kein Unfallversicherungsschutz bei Tätigkeit im Homeoffice

Das Bundessozialgericht (BSG) bleibt seinem Kurs treu und festigt mit seiner Entscheidung vom 30. Januar 2020 (Az.: B 2 U 19/18 R) seine bisherige restriktive Rechtsprechung zum (fehlenden) Unfallversicherungsschutz im Homeoffice. Ebenso wenig wie der Weg zur Toilette oder zur Nahrungsaufnahme ist der Weg vom Homeoffice zum Kindergarten versichert. 

Sachverhalt

Die Parteien stritten darüber, ob der beklagte Unfallversicherungsträger der klagenden Krankenkasse Behandlungskosten erstatten muss, die sie für einen Unfall der Beigeladenen aufwenden musste. Die bei der Klägerin gesetzlich krankenversicherte Beigeladene arbeitete von ihrem häuslich eingerichteten Arbeitsplatz, also im Homeoffice. Am Unfalltag brachte sie ihre fünfjährige Tochter morgens zum Kindergarten, um danach zuhause ihrer Beschäftigung im Homeoffice nachzugehen. Auf dem Rückweg vom Kindergarten stürzte sie und brach sich das rechte Ellenbogengelenk. Die klagende Krankenkasse verlangte von dem beklagten Unfallversicherungsträger die Erstattung der Behandlungskosten. Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen die Klage ab. Auch das BSG wies die Revision der klagenden Krankenkassen ab.

Entscheidung

Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2a) SGB VII gehört zu den versicherten Tätigkeiten auch das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um Kinder von Versicherten, die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer beruflichen Tätigkeit oder der beruflichen Tätigkeit ihrer Ehegatten bzw. ihrer Lebenspartner fremder Obhut (darunter eine Kindertagesstäte oder Tagesmutter) anzuvertrauen. Schon vor der Entscheidung des BSG war eine unmittelbare Anwendung dieser Norm auf Versicherte, deren Arbeitsplatz im Homeoffice eingerichtet ist, ausgeschlossen. Ein versicherter Weg setzt voraus, dass die Orte des privaten Aufenthalts und des Tätigkeitsortes räumlich auseinanderfallen. Allerdings wurde eine analoge Anwendung der Norm in Betracht gezogen.

Dies hat das BSG nun abschließend geklärt und eine Rechtsfortbildung im Wege der Analogie verneint. Der Gesetzgeber habe die Norm bewusst und abschließend getroffen, so dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Das Verbringen von Kindern zu einer Kindertageseinrichtung vom Homeoffice aus und zurück, stelle unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen versicherten Arbeitsweg dar.

Fazit

Die Abgrenzung zwischen versicherter und unversicherter Tätigkeit im Homeoffice ist nicht ganz einfach. Folgendes plastisches Beispiel hierzu von der Berufsgenossenschaft: Fällt eine Versicherte die Treppe hinunter und verletzt sich dabei, weil sie im Erdgeschoss die unterbrochene Internetverbindung überprüfen will, die sie für die dienstliche Kommunikation benötigt, wäre dieser Unfall versichert. Fällt sie hingegen die Treppe hinunter, weil sie eine private Paketsendung entgegennehmen will, wäre dies nicht versichert. Denn eigenwirtschaftliche – das heißt private – Tätigkeiten sind (auch im Büro) grundsätzlich nicht gesetzlich unfallversichert. Zu den eigenwirtschaftlichen Interessen gehören nach der Rechtsprechung des BSG der Weg zur Toilette, zum Kühlschrank und nun auch zum Kindergarten. Diese Wege sind bei Homeoffice nicht gesetzlich unfallversichert.

Aufgrund der aktuellen Corona-Krise ermöglichen viele Arbeitgeber ihren Beschäftigten, von zuhause aus zu arbeiten. Daher ist die Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes bei einer Tätigkeit im Homeoffice wünschenswert, bedarf aber einer Gesetzesänderung.

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