05.06.2015Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht Juni 2015

Keine Urlaubsgewährung bei fristloser, hilfsweise ordentlicher Kündigung mit Freistellung

BAG, Urteil vom 20.2.2015 – 9 AZR 455/13

Das BAG hat entschieden, dass ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub gewährt, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder diese jedenfalls vorbehaltlos zusagt. Eine solche Gewährung sei dann nicht gegeben, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer außerordentlich, hilfsweise ordentlich kündigt und die Freistellung für den Fall der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung erklärt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über den Anspruch eines Arbeitnehmers gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber auf Abgeltung von 15,5 Urlaubstagen zu entscheiden.

Die Beklagte hatte den Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 2011 außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise fristgemäß zum 31. Dezember 2011 gekündigt. Im Kündigungsschreiben hieß es: „Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“ Im sich an die Kündigung anschließenden Rechtsstreit schlossen die Parteien im Gütetermin vom 17. Juni 2011 einen Vergleich, in dem sie die gegenseitigen Ansprüche abschließend regelten. Hiernach endete das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2011. Der Kläger wurde bis zu diesem Zeitpunkt von der Erbringung seiner Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Zudem vereinbarten die Parteien eine Generalquittung. Im Anschluss verlangte der Kläger weiterhin die Abgeltung seines Resturlaubs.

Dem Kläger hätte der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG dann zugestanden, wenn ihm der Urlaub nicht gewährt worden wäre und die Parteien auch keine sonstige Vereinbarung hierzu getroffen hätten.

Keine Urlaubsgewährung durch die Freistellungserklärung im Kündigungsschreiben

Entscheidungserheblich war damit insbesondere, ob die Beklagte dem Kläger den Urlaub durch die im Kündigungsschreiben vom 19. Mai 2011 erklärte unwiderrufliche Freistellung gewähren konnte.
Dies lehnte das BAG nun in Übereinstimmung mit der Vorinstanz ab (vgl. LAG Hamm v. 14.3.2013 – 16 Sa 763/12). Eine wirksame Urlaubsgewährung setze nicht nur die Freistellung von der Arbeitsleistung sondern auch die Zahlung des Urlaubsentgeltes – oder zumindest dessen vorbehaltlose Zusage – voraus. Kündigt ein Arbeitgeber aber außerordentlich und nur hilfsweise ordentlich, so macht er primär deutlich, keine weitere Vergütung – und damit auch kein Urlaubsentgelt – zahlen zu wollen. Eine unbezahlte Freistellung erfüllt den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaub nicht. Die Vorinstanz verweist zur Begründung insbesondere auf das europäische Recht. Hiernach seien der Anspruch auf Urlaub und der Anspruch auf Urlaubsentgelt nur zwei Aspekte eines einzelnen Anspruchs (LAG Hamm v. 14.3.2013 – 16 Sa 763/12 mit Verweis auf EuGH v. 16.3.2006, Robinson-Steel – C 131/04).

Scheitern der Klage aufgrund des vorhergehenden Vergleichs

Im konkreten Fall wies das BAG den Anspruch des Klägers dennoch ab, da die Parteien im Kündigungsrechtsrechtstreit ihre gegenseitigen Ansprüche abschließend geregelt hatten.

Fazit

Arbeitgeber müssen künftig bei der Formulierung einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung weitere Vorsicht walten lassen. Wird nicht deutlich, dass der Arbeitgeber zur Zahlung des Urlaubsentgeltes bereit ist, so trägt er ein doppeltes Risiko: Ist die außerordentliche Kündigung unwirksam, so muss er neben der normalen Vergütung (als Verzugslohn) trotz etwaig langer Freistellung auch das Urlaubsentgelt zahlen.

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