30.04.2025 Fachbeitrag

Kryptowährung als Teil des Arbeitsentgelts

Update Arbeitsrecht April 2025

Nach einer neuen Entscheidung des BAG (Urteil vom 16. April 2025, 10 AZR 80/24; PM Nr. 17/25) kann Arbeitsentgelt auch in Kryptowährungen ausgezahlt werden. Voraussetzung ist, dass der unpfändbare Betrag des Arbeitsentgelts dem Arbeitnehmer in Geld ausgezahlt wird.

Sachverhalt

Die ehemalige Mitarbeiterin eines Online-Marketingunternehmens, das sich u.a. mit Kryptowährungen befasst, klagte auf die Übertragung von Kryptowährung Ether (ETH). Ihr Arbeitsvertrag sah vor, dass ihr Provisionsanspruch zunächst in Euro ermittelt wird. Dieser Betrag sollte dann zum jeweiligen Fälligkeitstag der Provision zum aktuellen Wechselkurs in ETH umgerechnet und erfüllt werden. Obwohl die Mitarbeiterin ihren Arbeitgeber mehrfach zur Zahlung aufforderte, fand bis zu ihrem Ausscheiden keine Übertragung von ETH statt. Schließlich bekam sie einen Teil der Provision in Euro ausgezahlt. Als sie den Rest – in Ether – einklagte, hieß es vom Arbeitgeber, Provisionen in Form von Kryptowährung auszuzahlen, sei unzulässig. Man habe alle Ansprüche bereits in EURO erfüllt. Mit ihrer Klage hat die Klägerin zuletzt noch Provisionen in Höhe von 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020 verlangt.

Entscheidungsgründe

Wie schon die Vorinstanz hält auch das BAG die Vereinbarung über die Vergütung in Kryptowährung als Sachbezug gemäß § 107 Gewerbeordnung (GewO) für zulässig. Bei einer „Kryptowährung“ handelt es sich zwar nicht um „Geld“, wie in § 107 Abs. 1 GewO verlangt. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO lässt es aber grundsätzlich zu, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, wenn dies im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Die Vereinbarung der Vergütung in Kryptowährung wurde als im Interesse der Klägerin liegend und der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entsprechend bewertet. 

Allerdings darf nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO der Wert der vereinbarten Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Dem Arbeitnehmer muss zumindest der unpfändbare Betrag seines Entgelts in Geld ausgezahlt werden, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Der Mitarbeiter soll nicht darauf angewiesen sein, erst den Sachbezug in EURO „umzutauschen“ oder gar Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung führt, wenn der Sachbezug, wie hier die Einheit ETH, teilbar ist, zur teilweisen Nichtigkeit der Vereinbarung. Das bedeutet, dass das Arbeitsentgelt bis zur Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenzen in Geld zu leisten und der Sachbezug entsprechend zu kürzen ist.

Weil die Vorinstanz die Pfändungsfreigrenzen im konkreten Fall nicht zutreffend ermittelt hatte, wurde die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG Baden-Württemberg zurückverwiesen. Da der Wert der ETH in der Zwischenzeit signifikant gestiegen ist, kann das zu erwartende Urteil ein wahrer Geldsegen für die Arbeitnehmerin werden. Hätte die Arbeitgeberin die ETH zum vorgesehenen Fälligkeitstermin beschafft und ihre Verpflichtung rechtzeitig erfüllt, wäre sie jetzt nicht mit dem Kursrisiko belastet.

Hinweise für die Praxis

Das BAG hatte im Streitfall nicht zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam ist, nach der ein Anspruch auf Arbeitsentgelt durch Übertragung von Einheiten einer Kryptowährung zu erfüllen ist. Die Klägerin hat sich auf die Wirksamkeit der Vereinbarung berufen; die Arbeitgeberin kann sich als Verwenderin der Klausel nicht auf deren Unwirksamkeit berufen. Die Inhaltskontrolle dient nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst geschaffenen Formularbestimmungen. Bei der vertraglichen Vereinbarung von Vergütung in Form von Kryptowährung ist daher besondere Sorgfalt geboten, um den Anforderungen der AGB-Kontrolle Genüge zu tun.

Die wenig bekannte Vorschrift des § 107 Abs. 2 GewO und die zu beachtende Grenze des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts findet auch bei anderen Sachbezügen Anwendung, etwa bei der Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung (vgl. BAG, Urt. vom 31. Mai 2023 – 5 AZR 273/22). Übersteigt der Wert des vereinbarten Sachbezugs die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts, führt dies zur teilweisen Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung. Dies hat zur Folge, dass der Vergütungsanspruch in Höhe des Werts des Sachbezugs nicht erfüllt ist und der Arbeitnehmer stattdessen einen Anspruch auf Auszahlung des dem Wert des Sachbezugs entsprechenden Geldbetrags hat. 

Sind Sachbezüge im Spiel, muss daher im jeweiligen Einzelfall geprüft und sichergestellt werden, dass der Wert des Sachbezugs die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigt.

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