Planung und Durchführung komplexer Transformationsprojekte – Von der Zieldefinition zum Fahrplan
Beitragsreihe zu arbeitsrechtlichen Tranformationsprojekten – 2
Die erfolgreiche Transformation von Unternehmen ist ein vielschichtiger Prozess, der weit über die bloße Umsetzung einzelner Maßnahmen hinausgeht. Wir möchten uns in diesem Beitrag der strategischen Planung und Durchführung komplexer Transformationsprojekte widmen.
Im Zentrum steht die Frage: Wie gelingt es, aus einer oft noch vagen Zielvorstellung einen klaren, umsetzbaren Fahrplan zu entwickeln?
1. Zieldefinition: Wohin soll die Reise gehen?
Am Anfang jeder Transformation steht die sorgfältige Definition der Ziele. Anders als bei klassischen Reorganisationsprojekten, bei denen das Zielbild meist quantitativ zu bestimmen ist, sind die Zielsetzungen bei Transformationsvorhaben oft nur qualitativ geprägt: moderner, digitaler, effizienter, agiler.
Zudem kommt es auch vor, dass Ziele zu Beginn der Transformation insgesamt noch nicht bestimmbar sind, sondern erst „unterwegs“, während des bereits laufenden Projekts schrittweise definiert werden sollen.
Es gilt, diese Vorstellungen und übergeordneten Leitbilder in konkrete Zwischenziele und messbare Meilensteine zu übersetzen. Ebenso wichtig ist es, sogenannte „No-Gos“ zu identifizieren – also Aspekte, die im Zuge der Transformation unbedingt vermieden oder abgeschafft werden sollen. Die Zieldefinition sollte dabei alle relevanten Ebenen und Bereiche des Unternehmens umfassen: von steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen über die Gestaltung von Mitbestimmungsstrukturen bis hin zu Fragen der Führung, Kommunikation und Qualifizierung.
2. Wege und Alternativen: Wie kann das Ziel erreicht werden?
Sind die Ziele klar, folgt die Analyse möglicher Umsetzungsschritte. Hier zeigt sich die Komplexität moderner Transformationsprojekte: Für viele Zielsetzungen existieren unterschiedliche Umsetzungsoptionen, die jeweils eigene Vor- und Nachteile sowie Wechselwirkungen mit anderen Projektzielen mit sich bringen. Ein Beispiel: Die Zusammenlegung zweier Betriebe kann durch die Gründung eines neuen gemeinsamen Betriebs zweier Unternehmen oder durch die Aufnahme des einen durch den anderen Betrieb eines Unternehmens im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB erfolgen. Beide Wege haben jeweils unterschiedliche rechtliche Konsequenzen, etwa hinsichtlich des Widerspruchsrechts der Mitarbeitenden oder der Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen. Die Wahl des richtigen Weges erfordert daher eine umfassende Bewertung aller Alternativen, ihrer Auswirkungen auf Zeitplanung, Verhandlungspartner und die übrigen Projektziele.
3. Projektteam: Wer steuert die Transformation?
Transformationsprojekte betreffen regelmäßig zahlreiche Unternehmensbereiche – von IT und Datenschutz über Arbeits- und Gesellschaftsrecht bis hin zu Steuerfragen. Bereits in der Planungsphase sollte daher ein interdisziplinäres Projektteam gebildet werden, das die verschiedenen Workstreams koordiniert, die Ziele und Wege ganzheitlich im Blick behält und flexibel auf neue Herausforderungen reagieren kann. Sollte eine solche Projektsteuerung intern nicht abgebildet werden können, weil die zusätzlichen Aufgaben durch bestehendes Personal nicht übernommen werden können, sollte ein Outsourcing dieser Funktion geprüft werden. Dies kann mit Blick auf eine größere Objektivität Vorteile, wegen der weniger engen Beziehung zur Reststruktur aber auch Nachteile bergen. In jedem Fall ist die enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachrichtungen essenziell, um die vielfältigen Aspekte und Wechselwirkungen der Transformation zu steuern.
4. Fahrplan und Zeitmanagement: Wie wird die Umsetzung strukturiert?
Nach der Festlegung von Zielen, Wegen, und Zuständigkeiten beginnt die detaillierte, „klassische“ Planung der Umsetzung. Wichtig ist, einen realistischen Zeit- und Fahrplan zu entwickeln, der die Abfolge der einzelnen Projektschritte und der notwendigen Verhandlungen (z. B. mit Betriebsräten und ggf. Gewerkschaften) berücksichtigt. Bei unternehmens- oder betriebsübergreifenden Transformationen ist dabei die Identifikation der jeweils richtigen Verhandlungspartner auf der Ebene der betrieblichen Mitbestimmung von zentraler Bedeutung. Verhandlungen mit Gremien, welche die gesetzlichen Zuständigkeiten außer Acht lassen, bedeuten für das Unternehmen verlorene Zeit. Werden Betriebsänderungen geplant, die mehrere Betriebe oder Unternehmen betreffen, sind für die Verhandlungen über die Interessenausgleiche der Konzern- (unternehmensübergreifend) oder der Gesamtbetriebsrat (betriebsübergreifend) zuständig. Sozialpläne hingegen sind mit den lokalen Betriebsräten zu verhandeln. Parallelverhandlungen mit mehreren Gremien sind daher keine Seltenheit und erfordern eine präzise Abstimmung des Vorgehens. Es gilt, zu planen, wer wann was mit wem verhandelt, Entwürfe und Informationen zusammenzustellen und Verhandlungen vorzubereiten. Der Fahrplan sollte zudem Eskalations- und Alternativszenarien berücksichtigen, um flexibel auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren zu können.
Fazit: Sorgfältige Planung als Schlüssel zum Erfolg
Die Planung komplexer Transformationsprojekte ist ein iterativer, agiler Prozess, der eine klare Zielorientierung, die Bewertung alternativer Wege, die Bildung eines schlagkräftigen Projektteams und ein durchdachtes Zeitmanagement erfordert. Nur so lassen sich die vielfältigen Herausforderungen moderner Transformationen meistern und nachhaltige Veränderungen im Unternehmen erfolgreich umsetzen.