28.05.2025 Fachbeitrag

Stolperfalle vorzeitige Abberufung: Kündigungsschutz für ehemalige Geschäftsführer

Update Arbeitsrecht Mai 2025

LAG Hessen, Urt. v. 28.2.2025 – 14 SLa 578/24 (Revision zugelassen unter dem Az. 2 AZR 89/25)

Geschäftsführer fallen grundsätzlich nicht unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), sodass eine Kündigung von Geschäftsführern deutliche einfacher möglich ist als die Kündigung von Arbeitnehmern. Es gibt jedoch einige Stolperfallen, die dazu führen können, dass auch (ehemalige) Geschäftsführer Kündigungsschutz geltend machen können.

Über einen dieser Fälle – die vorzeitige Abberufung – hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen mit Urteil vom 28. Februar 2025 (Az. 14 SLa 578/24) entschieden. Die Entscheidung stellt klar, dass einem vormals als Geschäftsführer eingesetzten Beschäftigten der allgemeine Kündigungsschutz zusteht, wenn seine Organstellung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits wirksam beendet war.

Sachverhalt

Der Kläger war zunächst als Geschäftsführer bei der Beklagten beschäftigt. Im Februar 2023 wurde er durch Gesellschafterbeschluss mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen und nahm in der Folgezeit keine Geschäftsführeraufgaben mehr wahr. Nach der Abberufung wurde er im Organigramm als „Special Project Manager“ unmittelbar dem neuen Geschäftsführer unterstellt.

Nachdem es der Beklagten nicht gelungen war, nach der Abberufung eine vertragsgemäße Beschäftigung für den Kläger zu finden, kündigte sie im Juni 2023 das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2023. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage.

Das Arbeitsgericht (AG) Darmstadt wies die Klage ab. Das AG war der Meinung, dass sich der Kläger aufgrund seiner vormaligen Organstellung als Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht auf den allgemeinen Kündigungsschutz berufen könne. Solange sich die Kündigung auf das Vertragsverhältnis beziehe, das Grundlage der Tätigkeit als Geschäftsführer sei, komme es nicht darauf an, ob auch die Organstellung zum Zeitpunkt der Kündigung noch bestehe.

Entscheidung des LAG Hessen

Das LAG Hessen hat die Entscheidung des AG aufgehoben und dem Kläger Recht gegeben.

Die Ausnahme vom Kündigungsschutz nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG diene dazu, Personen vom Kündigungsschutz auszunehmen, die Arbeitgeberfunktion ausüben. Folglich sei das Kündigungsschutzgesetz nur so lange nicht anzuwenden, wie die Person tatsächlich als Organvertreter bestellt sei. Mit dem Verlust der Organstellung verlasse der Mitarbeiter das „Arbeitgeberlager“ und genieße wieder den vollen Kündigungsschutz. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Organstellung im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG sei allein der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.  

Weil der Kläger im vorliegenden Fall im Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits als Geschäftsführer abberufen war, galt für ihn wieder der allgemeine Kündigungsschutz. Da die Beklagte keine sozialen Gründe für die Kündigung vorgetragen hatte, war die Kündigung gemäß § 1 Abs.2 KSchG sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam.

Das LAG Hessen hat die Revision für die Beklagte zugelassen. Das Verfahren ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Az. 2 AZR 89/25 anhängig.

Praxishinweis

Im Zusammenhang mit der Beendigung von Geschäftsführeranstellungsverhältnissen ist vorausschauendes und umsichtiges Vorgehen unbedingt erforderlich. Formale Fehler bei der Umsetzung der Kündigung können dazu führen, dass Geschäftsführer ausnahmsweise doch Kündigungsschutz geltend machen können.

Klassische Stolperfallen sind ruhende Arbeitsverhältnisse oder zu umfangreiche „Übergabephasen“ nach der Abberufung und während der laufenden Kündigungsfrist.

Die Entscheidung des LAG Hessen verdeutlich nun noch einmal, dass auch bei der Reihenfolge der Abberufung und Kündigung Vorsicht geboten ist. Arbeitgeber sollten die Kündigung von Geschäftsführern sorgfältig vorbereiten. Die Kündigung sollte zeitgleich mit der Abberufung ausgesprochen werden. Anderenfalls gilt der ehemalige Geschäftsführer danach als „normaler“ Arbeitnehmer – mit vollem Kündigungsschutz.

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