29.11.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht November 2024

Tariflicher Feiertagszuschlag richtet sich nach regelmäßigem Arbeitsort

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1.8.2024 – 6 AZR 38/24

In der heutigen Arbeitswelt ist es nicht unüblich, dass Arbeitsort und Unternehmenssitz divergieren. Dies wirft regelmäßig rechtliche Fragestellungen im Urlaubs- und Feiertagsrecht auf, insbesondere wenn die Arbeit im Homeoffice in der betrieblichen Praxis zur Normalität wird. Arbeitet ein Mitarbeiter etwa vollständig im Homeoffice in Brandenburg, während der Unternehmenssitz seines Arbeitgebers in Berlin liegt, stellt sich die Frage, wie der 31. Oktober feiertagsrechtlich einzuordnen ist. Denn in Brandenburg wäre dieser Tag ein Feiertag (Reformationstag), in Berlin jedoch nicht.

In diesem Zusammenhang befasste sich das Bundesarbeitsgericht jüngst mit einem ähnlich gelagerten Fall und entschied mit Urteil vom 1. August 2024, dass für Beschäftigte, die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen, der Anspruch auf Feiertagszuschläge davon abhängt, ob am regelmäßigen Beschäftigungsort ein gesetzlicher Feiertag besteht. Dies gilt auch dann, wenn sie an einem Feiertag an einem anderen Ort arbeiten müssen.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der beklagten Arbeitgeberin, einer öffentlichen Verwaltung, beschäftigt. Sein regelmäßiger Beschäftigungsort befand sich in Nordrhein-Westfalen. Auf Weisung seiner Arbeitgeberin nahm er vom 1. November bis 5. November 2021 an einer Fortbildungsveranstaltung in Hessen teil. Der 1. November ist in Nordrhein-Westfalen ein gesetzlicher Feiertag (Allerheiligen), in Hessen jedoch nicht. Der Kläger verlangte von seiner Arbeitgeberin Feiertagszuschläge für die am 1. November 2021 in Hessen geleistete Arbeit. Die Arbeitgeberin lehnte dies mit der Begründung ab, dass nach den für Hessen geltenden landesrechtlichen Bestimmungen dieser Tag kein Feiertag ist. Der Kläger argumentierte jedoch, dass sein Anspruch auf Feiertagszuschläge sich nach dem Feiertagsgesetz seines regelmäßigen Beschäftigungsortes, also Nordrhein-Westfalen, richte. Das Arbeitsgericht Münster gab der Klage statt, während das Landesarbeitsgericht Hamm auf die Berufung der Arbeitgeberin die Klage abwies. Der Kläger legte daraufhin Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Kläger in letzter Instanz Recht und hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm auf. Es führte dabei aus, dass aus dem Sinn und Zweck der einschlägigen tariflichen Feiertagszuschlagsregelung des TV-L folge, dass der regelmäßige Beschäftigungsort für die Zuschlagsberechtigung maßgeblich sei. Der regelmäßige Beschäftigungsort sei der Ort, an dem ein Mitarbeiter seine Arbeitsleistung gewöhnlich erbringe. Im Fall des Klägers sei dies Nordrhein-Westfalen. Es komme nicht darauf an, wo ein Mitarbeiter an einem bestimmten Tag tatsächlich arbeite. Der Kläger habe daher Anspruch auf Feiertagszuschläge, weil er an einem Feiertag seines regelmäßigen Beschäftigungsortes gearbeitet habe. Das Bundesarbeitsgericht betonte, dass der Zweck der Feiertagszuschläge darin bestehe, einen Ausgleich für über das Normalmaß hinausgehende Belastungen zu schaffen, die durch tatsächliche Arbeit zu besonderen Zeiten entstehen, wie zum Beispiel Arbeit an Feiertagen. Diese Zuschläge sollen die besondere Bedeutung der Freizeitgestaltung an Feiertagen für die Mitarbeiter anerkennen. Das Gericht stellte klar, dass die Regelung der Feiertagszuschläge im TV-L einen Ausgleich für die Arbeit an Feiertagen schaffen soll, die andernfalls unter das Beschäftigungsverbot des § 9 ArbZG fallen würde. 

Praxistipp

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat insbesondere große Bedeutung für Arbeitgeber, die Mitarbeiter nach Maßgabe des TV-L beschäftigen und diese an verschiedenen Orten einsetzen. Sie sollten beachten, dass für die Zahlung von Feiertagszuschlägen der regelmäßige Beschäftigungsort der Mitarbeiter ausschlaggebend ist, nicht hingegen der tatsächliche Einsatzort. Dies gilt auch für Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten. Der regelmäßige Beschäftigungsort ist in diesem Fall der Wohnort des Mitarbeiters. Arbeitgeber sollten daher prüfen, ob an den Wohnorten ihrer Mitarbeiter gesetzliche Feiertage bestehen, die an den Unternehmenssitzen nicht gelten. Dies kann zu unterschiedlichen Ansprüchen auf Feiertagszuschläge führen, was Arbeitgeber bei der Planung von Arbeitszeiten und Einsätzen berücksichtigen sollten. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts stellt sicher, dass Mitarbeiter nicht bewusst an Feiertagen am regelmäßigen Arbeitsort auf Einsätze in anderen Bundesländern geschickt werden, um Feiertagszuschläge zu ersparen. Nach der gegenteiligen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm hätten derartige Konstellationen lediglich über die Grenzen des Weisungsrechts beschränkt werden können.

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