Dopingkontrolleure als abhängige Beschäftigte
Update Arbeitsrecht Mai 2025
Dopingkontrolleure sind keine freien Mitarbeiter, sondern abhängige Beschäftigte. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg vor Kurzem entschieden. Grund hierfür seien unter anderem die bei den Kontrollen zwingend einzuhaltenden Standards.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine ISO-zertifizierte GmbH, die für nationale Anti-Doping Organisationen sowie für internationale und nationale Sportverbände Dopingkontrollen im Leistungssport durchführt. Hierzu setzte sie neben fest angestelltem Personal auch freie Mitarbeiter ein, die auf Grundlage eines Rahmenvertrags Einzelaufträge erhielten.
Nach einer Betriebsprüfung durch den beklagten Rentenversicherungsträger machte dieser nach Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 3. Dezember 2015 eine Nachforderung i. H. v. EUR 159.967,03 geltend. Die von der Klägerin beschäftigten Dopingkontrolleure seien abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, der zurückgewiesen worden ist. Die Klägerin erhob sodann Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart, das der Klage stattgab. Daraufhin legte der Beklagte Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg ein.
Entscheidung
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg sah die Berufung als begründet an und hob das erstinstanzliche Urteil auf.
Da kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliege, sei bei der Beurteilung der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der Einzelaufträge bestanden hätten. Dass der Rahmenvertrag keine Verpflichtung zur Annahme von Einzelaufträgen vorgesehen habe, sei für die Frage der Weisungsgebundenheit hingegen unbeachtlich.
Eine Weisungsgebundenheit hat das Landessozialgericht bejaht, da die Kontrolleure sowohl inhaltlich als auch zeitlich den Vorgaben des Unternehmens unterlägen. Die vermeintlich freien Mitarbeiter müssten die Kontrollen zum vorgegebenen Zeitpunkt vornehmen, der u. a. durch den Zeitplan der Wettkämpfe vorgegeben sei. Inhaltlich müssten sie die Regularien der Dopingagenturen „streng“ beachten.
Des Weiteren seien die Kontrolleure auch in die betriebliche Organisation des Unternehmens eingegliedert, was sich unter anderem darin äußere, dass sie gegenüber den Athleten als „ausführendes Organ“ der Dopingagenturen aufträten. Im Übrigen verwendeten sie deren Test-Kits und nutzten auch sonst deren Infrastruktur.
Schließlich trügen die Kontrolleure auch kein maßgebliches unternehmerisches Risiko, da sie unabhängig von der Qualität der Kontrolle ein pauschales Honorar erhielten.
In der Gesamtabwägung sei nach alledem von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
Praxishinweis
Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg zeigt einmal mehr, dass die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit insbesondere im Leistungssport vielfältige Probleme mit sich bringt. Es handelt sich jedoch stets um eine Frage des Einzelfalles. So deutet das Urteil denn auch keineswegs daraufhin, dass selbstständige Tätigkeiten im Leistungssport prinzipiell nicht möglich seien. Im Gegenteil hat etwa jüngst das Arbeitsgericht Bonn (Beschluss vom 12. Februar 2025 – 4 Ca 2061/24) die Arbeitnehmereigenschaft eines Schiedsrichters verneint – und das trotz der vorgegebenen Spielregeln. Damit bestätigt das Arbeitsgericht Bonn die Linie des Hessischen Landesarbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen, die Schiedsrichter in den konkreten Einzelfällen ebenfalls nicht als Arbeitnehmer angesehen hatten.
Besonderer Wert ist deshalb auf die Vertragsgestaltung zu legen.