31.07.2020Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Juli 2020

Einsatz der Corona-Warn-App im Unternehmen

Seit dem 16. Juni 2020 steht die von der deutschen Bundesregierung in Auftrag gegebene Corona-Warn-App zum Download zur Verfügung. Die Verfügbarkeit der App wirft zahlreiche arbeitsrechtliche Fragestellungen auf: Kann der Arbeitgeber die Installation und Nutzung der Corona-Warn-App aus Gründen des betrieblichen Gesundheitsmanagements und des betrieblichen Arbeitsschutzes im Betrieb verbindlich anordnen? Welche Rolle spielt der Betriebsrat? Dieses Update soll einen Überblick über die wesentlichen arbeitsrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Verwendung der Corona-Warn-App in der Arbeitswelt geben. 

Die Funktionsweise der Corona-Warn-App

Die Corona-Warn-App ist eine sogenannte Tracing App. Zweck der App ist es, ihre Nutzer schnellstmöglich zu informieren und zu warnen, wenn diese in Kontakt mit einer mit Covid-19 infizierten Person geraten sind. Die App ermöglicht eine digitale Rückverfolgung von Kontaktketten. Die Corona-Warn-App kann insoweit helfen, Infektionsketten im Betrieb schneller zu erkennen und zu unterbrechen. 

Die App funktioniert wie folgt: Die App registriert Begegnungen mit anderen Smartphones in der Nähe via Bluetooth, auf denen die App ebenfalls installiert ist. Sofern die vom Robert-Koch-Institut definierten Kriterien für eine erhöhe Ansteckungswahrscheinlichkeit in Hinblick auf Abstand und Zeit erfüllt sind, tauschen die jeweiligen Apps verschlüsselte Zufallscodes (IDs) miteinander aus. Die Zufallscodes werden für eine begrenzte Zeit lokal auf dem Smartphone gespeichert. Wird bei einem der App-Nutzer eine Covid-19 Infektion diagnostiziert, kann dieser mithilfe der App freiwillig die mit der App registrierten Kontaktpersonen über die Erkrankung informieren. Informationen, wer die Kontaktperson war, wann und wo der Kontakt stattgefunden hat, erhält der Nutzer nicht.

Kann der Arbeitgeber die Nutzung der Corona-Warn-App im Betrieb anordnen?

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht nur kraft und innerhalb des Arbeitsverhältnisses, weshalb Weisungen, die das Privatleben des Arbeitnehmers betreffen, grundsätzlich unzulässig sind. Vor diesem Hintergrund kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht wirksam dazu verpflichten, die Corona-Warn-App auf dem privaten Mobiltelefon zu installieren und zu nutzen, um so das Infektionsrisiko im Unternehmen zu reduzieren. Eine derartige Weisung des Arbeitgebers greift in erheblichem Umfang in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Eigentumsrecht des Arbeitnehmers ein und ist daher als rechtlich unzulässig einzustufen. 

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer auch nicht die Installation und Nutzung der Corona-Warn-App auf seinem dienstlichen Telefon einseitig verpflichten. Auf den ersten Blick spricht zwar vieles dafür, dass eine Nutzung der App auf dem dienstlichen Mobiltelefon jedenfalls dann einseitig angeordnet werden kann, wenn der Arbeitnehmer das Mobiltelefon nur dienstlich d. h. während der Arbeitszeit nutzt und insoweit kein Eingriff in den privaten Bereich des Arbeitnehmers erfolgt. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Datenverarbeitung der Corona Warn-App und damit deren  Nutzung auf dem Grundsatz der doppelten Freiwilligkeit beruht. Die bedeutet, dass die Nutzung der App auf freiwilliger Basis erfolgt und jeder Nutzer seine Erkrankung freiwillig meldet (s. o.). Die Corona-Warn-App nutzt als Grundlage für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten die Einwilligung des Nutzers (Art. 6 Abs.1 lit. a, Art. 9 Abs.2 lit. a DSGVO). Die Einwilligung des Nutzers ist nur wirksam, wenn sie freiwillig erteilt wird. Eine einseitige Weisung des Arbeitgebers zur Nutzung der App steht der notwenigen Freiwilligkeit der Einwilligung und damit den Prinzipien der DSGVO entgegen.

Der Arbeitgeber kann seine Arbeitnehmer daher nur darum bitten, die App zum Gesundheitsschutz der Allgemeinheit zu nutzen. Dabei muss jedoch deutlich werden, dass es sich hierbei nur um eine Empfehlung und keine rechtsverbindliche Anweisung handelt.

Beteiligung des Betriebsrates

Besteht ein Betriebsrat im Unternehmen, müssen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates beachtet werden. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs.1 Nr. 1 BetrVG ist gegeben, wenn seitens des Arbeitgebers allgemeine Verhaltensregeln für den Betrieb erlassen werden. Der Ausspruch einer Nutzungsempfehlung in Bezug auf die Corona-Warn-App stellt eine solche nach § 87 Abs. Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Maßnahme dar. Auf die Rechtsverbindlichkeit der Maßnahme kommt es nicht an.
Zudem kann die Verwendung der Corona-Warn-App mitbestimmungspflichtig i.S.d. § 87 Abs.1 Nr. 6 (Einsatz einer technischen Überwachungseinrichtung) und Nr. 7 BetrVG (betrieblicher Gesundheitsschutz) sein. 

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates kann beispielsweise durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung gewahrt werden. 

Praxistipps

Der Arbeitgeber darf die Installation und verbindliche Nutzung der Corona-Warn-App weder auf privaten noch auf dienstlichen Mobiltelefonen vorschreiben. Der Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern allerdings eine Nutzung der App unverbindlich empfehlen. 

Besteht ein Betriebsrat im Unternehmen sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, namentlich § 87 Abs.1 Nr. 1, 6 und 7 BetrVG, zu wahren. Es empfiehlt sich, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Umgang mit möglichen Infektions- und Risikofällen im Unternehmen abzuschließen und in diesem Zusammenhang Regelungen zur freiwilligen Nutzung der App zu treffen.

Bitte beachten Sie auch unsere ergänzenden Ausführungen im Update Datenschutz vom 19. Juni 2020

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