Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens – Nutzungsausfallentschädigung
Update Arbeitsrecht Mai 2025
BAG Urt. v. 12.2.2025 – 5 AZR 171/24
Stellt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur Verfügung, den dieser nach der vertraglichen Abrede der Parteien auch privat nutzen darf, ist dies Teil des vertraglichen Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers. Die Zusage beinhaltet einen geldwerten Vorteil in Form eines Sachbezuges. Insbesondere in Konstellationen, in denen der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung unwiderruflich von jeglicher Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt und die Nutzung des Dienstwagens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist widerrufen wird, kommt es häufig zum Streit und selbst kompromissfähige Arbeitgeber und Arbeitnehmer stoßen dabei nicht selten an ihre Grenzen.
Mit seinem Urteil vom 12. Februar 2025 äußerte sich das BAG nach längerer Zeit wieder zur Zulässigkeit des Widerrufs der Erlaubnis zur Nutzung eines auch privat genutzten Dienstwagens. Aus der Entscheidung ergeben sich für die Praxis konkrete Hinweise zur Gestaltung und Ausübung des Widerrufsrechts.
Sachverhalt
Die Parteien stritten vor dem BAG in Erfurt noch über eine Entschädigung des Klägers für die entgangene Privatnutzung seines Dienstwagens. Dem Kläger stand gemäß den arbeitsvertraglichen Regelungen ein Dienstfahrzeug zu, das er auch privat nutzen durfte. Diese private Nutzung berücksichtigte die Beklagte in den Entgeltabrechnungen mit 457 EUR brutto monatlich, was einem Prozent des Listenpreises des überlassenen Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung entsprach.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. August 2023. Die Wirksamkeit der Kündigung stand zuletzt rechtskräftig fest. Mit dem Kündigungsschreiben stellte die Beklagte den Kläger mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Zugleich verlangte sie die Rückgabe des Dienstfahrzeugs zum 24. Mai 2023. Der Kläger kam dieser Aufforderung am 23. Mai 2023 nach.
Der Kläger war der Auffassung, ihm stünde wegen des Entzugs des Dienstfahrzeugs für die Zeit vom 23. Mai bis zum 31. August 2023 ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie war der Ansicht, der Widerruf der Privatnutzung des Dienstwagens sei entsprechend den arbeitsvertraglichen Widerrufsregelungen rechtmäßig gewesen.
Das ArbG Köln (27.10.2023 – 7 Ca 2358/23) hat mit Teilurteil unter anderem die Anträge des Klägers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung abgewiesen. Das LAG Köln (24.4.2024 – 5 Sa 659/23) hat die Berufung des Klägers, die sich zuletzt nur noch auf diese Streitgegenstände bezog, zurückgewiesen. Mit seiner vom LAG beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche auf Nutzungsausfallentschädigung weiter.
Entscheidung des BAG vom 12.2.2025
Die Richter in Erfurt sprachen dem Kläger lediglich eine anteilige Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum vom 23. bis zum 31. Mai 2023 zu. Die Regelung im Arbeitsvertrag des Klägers zum Widerruf des Dienstwagens halte einer AGB-Kontrolle stand und sei wirksam. Die Regelung sei insbesondere auch mit § 308 Nr. 4 BGB vereinbar. Die Widerrufsklausel müsse transparent gefasst und klar und verständlich sein. Bei den Widerrufsgründen sei zumindest die Richtung anzugeben, aus der der Widerruf möglich sein soll. Die Regelung im Arbeitsvertrag des Klägers benenne die Freistellung nach einer Kündigung als Widerrufsgrund der Privatnutzung des Dienstwagens ausreichend klar. Sie sei dem Kläger auch zumutbar, da im Fall einer Freistellung auch die mit der privaten Nutzung verknüpfte dienstliche Nutzung des Dienstwagens entfalle. Eine Änderungskündigung sei nicht erforderlich, da die Privatnutzung des Dienstwagens weniger als 25 Prozent des regelmäßigen Verdienstes ausmache. Gleichfalls sei eine Ankündigungsfrist – entgegen der klägerischen Ansicht – keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Widerrufsvorbehalts.
Die Voraussetzungen des im Arbeitsvertrag geregelten Widerrufsvorbehalts lagen nach Ansicht des BAG vor. Die Beklagte habe den Kläger berechtigt von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt. Der Beschäftigungsanspruch des Klägers stehe dem nicht entgegen. In einer Interessenabwägung überwiegen die unternehmerischen Belange der Beklagten zur Durchsetzung ihrer unternehmerischen Entscheidung. Im Rahmen der Ausübung des Widerrufsvorbehalts ist nach Ansicht des BAG jedoch Folgendes zu beachten: Der zu versteuernde geldwerte Vorteil könne nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden. Der Arbeitnehmer trage daher bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb des laufenden Monats die Steuerlast für den ganzen Monat und damit auch für die Zeit, in der er den Dienstwagen nicht mehr nutzen könne. Vor dem Hintergrund dieser Einkommensminderung entspreche im Regelfall nur ein Widerruf der privaten Nutzung des Dienstwagens zum jeweiligen Monatsende billigem Ermessen. Dementsprechend nahm das BAG eine Ersatzleistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 BGB vor, nach der ein entschädigungsloser Widerruf der Privatnutzung des Dienstwagens zum 31. Mai 2023 durch die Beklagte erfolgen konnte. Für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. August 2023 sei hingegen keine Entschädigung geschuldet.
Praxishinweis
Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ergeben sich für die Praxis konkrete Hinweise zur Gestaltung und Ausübung des Widerrufsrechts: Danach ist die Klausel so zu formulieren, dass sie ausdrücklich auf eine „berechtigte“ bzw. „wirksame“ Freistellung abstellt. Das BAG stellt in dem Zusammenhang ausdrücklich klar, dass sich die „Berechtigung“ bzw. „Wirksamkeit“ der Freistellung nach den Grundsätzen des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs richtet. Zudem wird – noch deutlicher als bisher – der Grundsatz hervorgehoben, dass der Widerruf der Erlaubnis zur Nutzung eines auch privat genutzten Dienstwagens entschädigungslos nur zum Ende eines Kalendermonats zulässig ist, um den Mitarbeiter vor Nachteilen angesichts der Versteuerung der privaten Nutzungsmöglichkeit zu bewahren.