11.12.2025 Fachbeitrag

Listing Act – Erleichterungen bei Directors' Dealings: BaFin erhöht Schwellenwert für Trans-aktionsmeldungen

Update Compliance 16/2025

Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des EU Listing Act geht die BaFin einen weiteren Schritt zur Deregulierung des Kapitalmarktrechts. Mit ihrer Allgemeinverfügung vom 4. Dezember 2025 hat die Finanzaufsicht BaFin die Meldeschwelle für Eigengeschäfte von Führungskräften (sog. Directors' Dealings) von EUR 20.000 auf EUR 50.000 pro Kalenderjahr angehoben. Die Regelung tritt am 1. Januar 2026 in Kraft. Die BaFin möchte mit diesem Schritt die betroffenen Führungskräfte sowie die jeweiligen Emittenten entlasten. Zugleich soll ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Transparenz und Anzahl der Meldungen hergestellt werden.

Eigengeschäfte von Führungspersonen und Neuregelung durch den EU Listing Act

Nach Art. 19 Abs. 1 MAR haben Personen, die Führungsaufgaben bei einem Emittenten wahrnehmen, Eigengeschäfte mit Anteilen oder Schuldtiteln dieses Emittenten, damit verbundenen Derivaten oder anderen damit verbundenen Finanzinstrumenten zu melden. Dies gilt in Bezug auf Emittenten, die die Zulassung oder Einbeziehung ihrer Finanzinstrumente zum Handel an einem geregelten Markt, einem multilateralen oder organisierten Handelssystem (Handelsplatz) beantragt haben daran mitgewirkt haben. Meldepflichtige Führungskräfte sind Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Emittenten oder höhere Führungskräfte mit regelmäßigem Zugang zu Insiderinformationen mit Bezug zum Emittenten, die zu strategischen unternehmerischen Entscheidungen befugt sind. Bei Aktiengesellschaften nach deutschem Recht sind dies typischerweise die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. Außerdem sind Personen meldepflichtig, die in enger Beziehung zu einer Führungskraft stehen. Dazu gehören enge Verwandte, aber auch juristische Personen, bei denen die Führungskraft des Emittenten ebenfalls Führungsaufgaben wahrnimmt, die von der Führungskraft kontrolliert werden oder deren wirtschaftliche Interessen weitgehend jenen der Führungskraft entsprechen. Die Meldung muss gegenüber dem Emittenten und der BaFin erfolgen. Der Emittent hat die Meldung zu veröffentlichen, so dass der Kapitalmarkt von dem Geschäft Kenntnis nehmen kann. Denn der Verordnungsgeber geht davon aus, dass solche Eigengeschäfte von Führungskräften eines Signalwirkung für den Kapitalmarkt haben können.

Bislang galt die Meldepflicht in Deutschland für Geschäfte, die getätigt wurden, nachdem innerhalb eines Kalenderjahres ein Gesamtvolumen von EUR 20.000,00 erreicht wurde. Die nun vorgenommene Anhebung der Meldeschwelle zum 1. Januar 2026 wurde durch den EU Listing Act möglich: Dieser sieht eine Flexibilisierung der Meldeschwellen für Directors'-Dealings-Meldungen in den Mitgliedstaaten vor. Neben der in der MAR vorgesehenen Meldeschwelle in Höhe von EUR 20.000,00 pro Jahr wurde der jeweils zuständigen nationalen Behörde, also in Deutschland der BaFin, die Möglichkeit eingeräumt, die Schwelle nach eigenem Ermessen auf EUR 50.000 zu erhöhen. Von dieser Möglichkeit hat die BaFin nunmehr Gebrauch gemacht.

Mit der Anhebung des Schwellenwertes beabsichtigt die BaFin unter Berücksichtigung der Marktbedingungen, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Grad der Transparenz und der Anzahl der Mitteilungen herzustellen. Basierend auf den Meldedaten für Jahre 2021 bis 2024 würden so bis zu ein Drittel weniger Mitteilungen erfolgen. Jedoch bleiben weite und wesentliche Teile der Eigengeschäfte von der Meldepflicht erfasst und werden dem Markt transparent gemacht werden. Die Anhebung des Schwellenwertes soll zugleich hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand Rechnung tragen, der durch die Melde- und Veröffentlichungspflichten für Meldepflichtige und Emittenten entsteht, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen.

Handelsverbote in Closed Periods gelten unverändert

Unverändert zu beachten sind aber die Handelsverbote während sogenannter geschlossener Zeiträume (sog. Closed Periods). Danach dürfen Führungskräfte eines Emittenten in den 30 Tagen vor der Veröffentlichung von Zwischen- oder Jahres(finanz)berichten keine Eigengeschäfte oder Geschäfte für Dritte im Zusammenhang mit den Anteilen oder Schuldtiteln des Emittenten oder mit Derivaten oder anderen mit diesen in Zusammenhang stehenden Finanzinstrumenten tätigen. Dies soll Insiderhandel verhindern und faire Märkte zu gewährleisten. Nach dem Wortlaut der Regelung gilt diese zwar nicht ausdrücklich für mit ihnen eng verbundene Personen. Jedoch können Geschäfte über oder für eng verbundene Personen als indirekte Eigengeschäfte oder Geschäfte für Dritte vom Handelsverbot erfasst sein. Für Geschäfte im Vorfeld der Veröffentlichung von Quartalsmitteilungen/-berichten gilt das Handelsverbot dagegen nicht. Denn diese Berichte gelten nicht als Zwischenbericht im Sinne der Regelung. Doch sind auch in diesen Fällen stets die allgemeinen Insiderhandelsverbote zu beachten.

Insiderrechtliche Verbote

Die insiderrechtlichen Verbote des Art 14 MAR, also das Verbot der Vornahme von Insidergeschäften, der Empfehlung zu Insidergeschäften und der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen sind weiterhin unverändert zu beachten. Insidergeschäfte nach Art. 8 MAR sind grundsätzlich verboten. Das bedeutet, dass eine Person, die über Insiderinformationen verfügt (Insider), unter Nutzung dieser Informationen weder direkt noch indirekt Finanzinstrumente für eigene oder fremde Rechnung erwerben oder veräußern darf. Daneben ist es auch verboten, Dritten zu empfehlen, Insidergeschäfte zu tätigen oder Dritte anzustiften, Insidergeschäfte zu tätigen. Auch die Änderung oder Stornierung eines Handelsauftrags unter Verwendung einer Insiderinformation stellt ein verbotenes Insidergeschäft dar. Ebenso ist die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen verboten. Das Verbot des Insiderhandels und seiner Vorfeldtatbestände soll das Vertrauen in die Finanzmärkte stärken, zu einer gleichen Informationsverteilung unter den Marktteilnehmern führen und so einen gerechten Handel gewährleisten. Wesentliche Quelle für das Insiderrecht ist die MAR. Das deutsche WpHG enthält demgegenüber lediglich Vorschriften, die die MAR ergänzen und vor allem die strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und zivilrechtlichen Folgen regeln (siehe dazu unten).

Ad-hoc-Publizität und Neuerungen durch Listing Act

Durch den Listing Act geändert wird die Regelung der Ad-hoc-Publizität, und zwar mit Wirkung ab dem 5. Juni 2026. Dabei bleibt das Grundprinzip unverändert: ein Emittent von Finanzinstrumenten, die an einem Handelsplatz in der EU notiert sind, muss Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen. Dies dient dazu, die Gefahr von Insidergeschäften zu durch ein hohes Maß an Transparenz an kursrelevanten Informationen zu begrenzen. Wie die Regelungen zu Eigengeschäften von Führungskräften gilt auch die Ad-hoc-Publizität für Emittenten, die an der Herbeiführung der Notierung ihrer Finanzinstrumente mitgewirkt haben. Die bevorstehende Änderung betrifft die sogenannten „zeitlich gestreckten Vorgänge“. Das sind Sachverhalte, die bis zum Eintritt eines Endereignisses aus mehreren Zwischenschritten bestehen. Beispiele sind dafür sind M&A-Transaktionen, Kapitalmaßnahmen oder Umstrukturierungen. Künftig müssen Zwischenschritte, die Insiderinformationen darstellen, grundsätzlich nicht mehr per Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht werden. Diese ist nur noch für das Endereignis erforderlich. Der Emittent muss dazu (anders als bisher) keinen förmlichen und zu dokumentierenden Beschluss über den Aufschub einer Ad-hoc-Mitteilung fassen. Um die Abgrenzung von Zwischenschritten und Endereignissen zu erleichtern, wurde die EU-Kommission ermächtigt, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen. Dieser soll für bestimmte zeitlich gestreckten Vorgänge festlegen, wann das Endereignis als eingetreten gilt und damit offenzulegen ist. ESMA hat dafür bereits am 7. Mai 2025 einen Vorschlag veröffentlicht. Mit dem delegierten Rechtsakt wird noch 2025 gerechnet.

Der Emittent darf aber auf die Veröffentlichung eines Zwischenschritts nur verzichten, wenn er dessen Geheimhaltung sicherstellt. Sonst muss er ihn unverzüglich veröffentlichen. Das ist der Fall, wenn ein Gerücht auf eine nicht offengelegte Insiderinformation (den Zwischenschritt) Bezug nimmt und dieses Gerücht ausreichend präzise ist. Dann wird angenommen, dass die Geheimhaltung nicht mehr gewährleistet ist. Emittenten müssen also die Informationslage am Markt beobachten, um Gerüchte zu identifizieren und zu bewerten. Sie haben sich also weiterhin darauf vorzubereiten, ggf. kurzfristig eine Ad-hoc-Mitteilung über einen Zwischenschritt zu veröffentlichen und dazu eine aktuelle sog. „Schatten-Ad-hoc-Mitteilung“ bereithalten.

Insiderverbote und wesentliche Organisationspflichten bleiben bestehen

Unabhängig von den Erleichterungen bei der Veröffentlichungspflicht bleiben wesentliche Organisationspflichten bestehen. Stellt ein Zwischenschritt eine Insiderinformation dar, müssen die insoweit geltenden Verbote beachtet werden, insbesondere des Insiderhandels und der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen. Emittenten müssen auch weiterhin Insiderlisten führen.

Sanktionierung von Verstößen

Verstöße gegen die insiderrechtlichen Publizitäts- und Meldevorschriften können Bußgelder und Strafen nach sich ziehen. Unterlassene, verspätete oder falsche Ad-hoc-Mitteilungen oder Directors' Dealings sind bußgeldbedroht. Sie können zudem als informationsgestützte Marktmanipulation sanktioniert werden, bei Vorsatz und Einwirkung auf den Marktpreis des jeweils betroffenen Finanzinstruments sogar mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch Verstöße gegen die Insiderverbote sind bußgeld-, bei Vorsatz sogar strafbedroht. Die Sanktionen für Verstöße gegen Emittentenpflichten richten sich in erster Linie gegen die verantwortlichen Führungskräfte; auf diese werden für die Zwecke der Strafverfolgung die Ad-hoc- und andere Emittentenpflichten „überwälzt“ (§§ 14 StGB, 9 OWiG). Feststellungen strafbaren Marktmissbrauchs in Form verbotener Insidergeschäfte oder Marktmanipulation bei Führungskräften können in zweiter Linie dann auch Unternehmensgeldbußen nach sich ziehen. Diese können bis zu 15 Mio. EUR bzw. 15 % des Vorjahresumsatzes des betroffenen Unternehmens betragen.

Praxishinweis

Die Reform des europäischen Marktmissbrauchsrechts durch den Listing Act schreitet voran. Mit der Anhebung des Schwellenwerts für die Meldung der Eigengeschäfte von Führungskräften durch die BaFin und die Erweiterung der Ausnahmen vom Handelsverbot während sog. geschlossener Zeiträume werden wesentliche Erleichterungen geschaffen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Insiderrecht weiterhin eine Reihe von Verhaltens- und Organisationspflichten für Emittenten und ihre Führungskräfte bereithält. Auf deren Einhaltung ist strikt zu achten, denn die Sanktionen von Verstößen sind weiterhin erheblich.

Emittenten und Führungskräfte haben ihre internen Richtlinien entsprechend den neuen Vorgaben anzupassen und ihr Monitoring darauf auszurichten. Für den Fall behördlicher Untersuchungen bei Verdacht unterlassener Meldungen oder falscher Meldungen – beim Verdacht einer Ordnungswidrigkeit durch die BaFin, beim Verdacht einer Straftat durch die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft – sollten generell interne Verhaltensrichtlinien geschaffen werden, insbesondere für den Fall von Durchsuchungen.

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